Institutional Money, Ausgabe 2 | 2024

seine Produktion auch zur globalen Erwärmung beiträgt. Diese Modellierung des Klimawandels und der Marktstruk- tur hat eine Reihe wichtiger Implikationen, merken Ace- moğlu, Aghion, Barrage und Hémous an. Erstens reicht bei nur einer Quelle der Ineffizienz ein einziges Instrument zur Umsetzung der optimalen Politik aus, und diese einzige Po- litikmaßnahme hat die Form einer CO 2 -Steuer oder einer Kohlenstoffbepreisung, da es darum geht, die Unternehmen dazu zu bringen, die von ihnen verursachten Umweltexter- nalitäten zu internalisieren, die sie mit ihren Treibhausgas- oder Kohlenstoffemissionen erzeugen. Folglich fällt diese Steuer proportional zum Kohlenstoffgehalt der Produktion. Zweitens: Wenn nur ein einziges Instrument im Spiel ist, stellt sich die Schlüsselfrage nach der Höhe und dem Zeit- punkt der Einführung einer CO 2 -Steuer.Hier verknüpft die einfache Struktur des Modells die optimale Politik eng mit dem Abzinsungssatz – wie kostspielig es ist, den Verbrauch heute zu reduzieren, um das Klima in der Zukunft zu retten. Für die von Nordhaus verwendeten Basisabzinsungssätze, die auf beobachteten Zinssätzen basieren, weist die optimale Politik ein „Anstiegsmuster“auf – der CO 2 -Preis beginnt bei einem relativ niedrigen Niveau von etwa 60 US-Dollar je Tonne CO 2 (US-Dollar 2019) im Jahr 2020, steigt dann im Lauf der Zeit auf mehr als das Doppelte seines ursprüngli- chen Werts (150 US-Dollar je Tonne CO 2 ) bis 2050 an. Die Intuition für diese Form optimaler Politik ist einfach: Hohe Anreize und Hindernisse Wie schafft man Steine beiseite und setzt zielführende Incentives, um grüne Innovationen wirksam zu fördern? P hilippe Aghion, Antoine Dechezleprêtre, David Hémous, Ralf Martin und John Van Reenen geben 2016 in „Carbon Taxes, Path De- pendency, and Directed Technical Change: Evi- dence from the Auto Industry“ (publiziert im Journal of Political Economics) Antworten auf diese Fragen anhand von Daten aus der Auto- mobilindustrie. Die Autoren stellen Daten zu Patenten zusammen, die zwischen 1978 und 2005 von Automobilunternehmen aus 80 Län- dern angemeldet wurden. Sie unterscheiden zwischen „grünen“ Innovationen, insbesondere solchen, die auf Elektrofahrzeuge abzielen, und „umweltschädlichen“ Innovationen, die sich auf Fortschritte im Zusammenhang mit Verbren- nungsmotoren konzentrieren. Diese verschiede- nen Innovationskategorien werden anhand der Internationalen Patentklassifikation (IPC) identi- fiziert. Für jeden Innovator (Firma oder Einzel- person) berechnen die Autoren die grünen und umweltschädlichen Patentströme und -bestände zwischen 1978 und 2005. Spill-over-Effekte Eine erste wichtige Erkenntnis weist auf die Hin- dernisse hin, die grünen Innovationen im Weg stehen. Obwohl Verbrennungsmotoren seit über einem Jahrhundert weiterentwickelt werden, gibt es keine Hinweise auf eine natürliche Um- stellung auf Elektrofahrzeuge. Im Gegenteil, im Einklang mit der Idee der Pfadabhängigkeit ist es wahrscheinlicher, dass Firmen, die einen gro- ßen Bestand an Patenten im Zusammenhang mit Verbrennern angesammelt haben, weiterhin Innovationen im Bereich von nach Ansicht der Autoren umweltschädlichen Patenten verfolgen. Ebenso neigen die wenigen Unternehmen, die einen Bestand an grünen Patenten aufgebaut haben, eher zu Innovationen im Bereich grüner Technologien. Es gibt auch Hinweise auf be- trächtliche Spill-over-Effekte, die zur Pfadab- hängigkeit beitragen: Unternehmen, die in Län- dern mit „umweltschädlicheren“ Patenten tätig sind, werden wahrscheinlich weitere umwelt- schädliche Patente anmelden. Es ist intuitiv ein- sichtig, dass frühere Innovationen in umwelt- schädlichen Technologien einen Wissensbestand aufgebaut haben, der für weitere Innovationen in denselben Technologien nützlicher ist als für aufkommende grüne Technologien wie Elektro- fahrzeuge. Autoindustrie Die Pfadabhängigkeit geht aber weit über die Automobilindustrie hinaus. Beispielsweise liefern Joëlle Noailly und Roger Smeets in „Directing Technical Change from Fossil-Fuel to Renewable Energy Innovation: An Application Using Firm- Level Patent Data“ (veröffentlicht 2015 im Jour- nal of Environmental Economics and Manage- ment) Hinweise auf eine Pfadabhängigkeit in der Richtung der Innovation im Sektor der Strom- erzeugung, indem sie Patentdaten betreffend Technologien für fossile Brennstoffe (FF) und er- neuerbare Energien (REN) von 5.471 europäi- schen Unternehmen über den Zeitraum von 1978 bis 2006 nutzen. Für Acemog˘lu, Aghion, Barrage und Hémous ist klar, dass diese Pfadabhängigkeit ein großes Hindernis für den Übergang zu Clean Energy darstellt. Denn fast alle Länder verfügen mittler- weile über mehr Fachwissen in Bezug auf beste- hende Technologien für fossile Brennstoffe als für sauberere Alternativen, was natürlichen An- reizen für weitere Investitionen und Innovatio- nen im Bereich fossile Brennstoffe gleichkommt. CO 2 -Steuer Vor diesem Hintergrund haben Aghion, Dechez- leprêtre, Hémous, Martin und Van Reenen 2016 auch gezeigt, dass der von der Politik gesetzte Ordnungsrahmen bei der Neuausrichtung der Technologie wirksam sein kann. Mithilfe der geografischen Verteilung bereits bestehender Patente erstellen die Autoren ein Maß für den unternehmensspezifischen Kraftstoffpreis als gewichteten Durchschnitt der Kraftstoffpreise und Steuern auf Landesebene. Ihre Schätzungen deuten darauf hin, dass ein zehnprozentiger Anstieg der Kraftstoffpreise, mit dem ein Unter- nehmen konfrontiert ist, seine grünen Patente um zehn Prozent erhöht und seine Patente für fossile Brennstoffe um fünf Prozent verringert. Diese Schätzungen deuten darauf hin, dass höhere CO 2 -Steuern, die die Kraftstoffpreise für Verbraucher und Unternehmen erhöhen, einen starken Einfluss auf die Förderung umwelt- freundlicher Innovationen haben können. Weitere Studien unterstützen die Ansicht, dass die CO 2 -Bepreisung bei der Neuausrichtung der Innovationen von Unternehmen auf grüne Technologien hilfreich ist. Damit ließen sich die Auswirkungen der Pfadabhängigkeit ausglei- chen, die durch ein Jahrhundert von Innovatio- nen bei fossilen Brennstoffen vorangetrieben wurde. 90 N o . 2/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Grüne Technologien FOTO: © ALPHASPIRIT | STOCK.ADOBE.COM

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