Institutional Money, Ausgabe 2 | 2024

nach Outperformance strebende Investoren am Corporate- Bond-Markt alles andere als leicht macht, tatsächlich einen Mehrwert zu generieren. Negativer Skew, Folgen der Konzentration Eines der wichtigsten Argumente für aktives Management von Anleihen im Vergleich zu Aktien sind die High-Yield- Anleihenkategorien, bei denen jenseits von BB ein erhebli- ches Risiko besteht, dass ein nicht unerheblicher Teil des ver- fügbaren Anlageuniversums ausfällt. Folgendes Gedanken- experiment scheint hier angebracht: Angenommen, man wüsste im Voraus, dass ein gewisser Prozentsatz der Anlei- hen in einem bestimmten Marktsegment ausfallen wird, die Renditen aller nicht ausgefallenen Anleihen jedoch ansons- ten ähnlich sein werden.Man könnte dann leicht eine akti- ve Strategie konstruieren, die eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Outperformance aufweist; man wähle einfach per Zufallsgenerator eine Anleihe aus! Solange man kein Pech hat, sollte diese eine breite Benchmark übertreffen, deren ansonsten ähnliche Rendite durch diese seltenen Ausfälle zwangsläufig geschmälert wird. Das wichtige Merkmal der Kreditmärkte, das dieses Gedankenexperiment ermöglicht, ist die negative Schiefe im Querschnitt der Anleihenren- diten. Wenn eine Anleihe bis zur Fälligkeit gehalten wird, kann ein Investor höchstens eine Rendite und die Kapital- rückzahlung erhalten. Im Gegenzug geht der Investor das Risiko ein, beides zu verlieren. Ein derart begrenztes Aufwärtspotenzial führt zusammen mit einem möglichen erheblichen Verlust zu einer negativ verzerrten Verteilung der Anleihenrenditen und bedeutet, dass es nicht ungewöhnlich ist, dass die meisten Anleihen eine bessere Wertentwicklung aufweisen als die durch- schnittliche Anleihe. Hier wird ein wichtiger Unterschied zwischen Aktien und Anleihen manifest: Eine Aktie kann um bis zu 100 Pro- zent fallen, aber noch viel mehr an Wert gewinnen. Selbst auf relativ kurze Sicht zeigt die Verteilung der Aktienren- diten tendenziell eine positive Schiefe. Bei einer solchen Ver- teilung wird der Durchschnitt durch eine kleine Anzahl von Outperformern nach oben getrieben, und die Chancen eines Stockpickers, bei jeder Aktienwahl über dem Durch- schnitt zu liegen, liegen bei weniger als 50 Prozent. Folglich besteht bei konzentrierten Aktienportfolios im Vergleich zu diversifizierten Portfolios möglicherweise ein größeres Risiko einer kurzfristigen Underperformance. Aus diesem Grund wurde die negative Schiefe auf den Anleihenmärkten von manchen als Argument dafür genutzt, dass Anleihen wohl besser für eine aktive Verwal- tung geeignet seien. Zu nennen ist hier beispielsweise James Moore und sein 2017 in Barron’s veröffentlichter Beitrag „All Skewed Up? The Active versus Passive Debate“.Unglück- licherweise ist jedoch die Wahrscheinlichkeit einer kurz- fristigen Outperformance für „Anleihen-Picker“ größer. Die von konzentrierten Portfolios getragenen Risiken müssen gegen den größeren relativen Impact der seltenen, sich aber doch einschleichenden Ausfälle und das zunehmende Risi- ko abgewogen werden, dass dies irgendwann passieren könnte, wenn die Strategie über längere Zeithorizonte bei- behalten wird. Simulation erhellt Zusammenhänge Edwards, Ganti und Malinowski haben zur Illustration die- ses Zusammenhangs folgendes Experiment gemacht: Sie ha- ben hunderttausende hypothetische 20-jährige Wertentwick- lungen von „Anleihen“und damit verbundene jährlich neu gewichtete „Portfolios“ mit unterschiedlichem Konzentra- tionsgrad simuliert. Die Anleihenperformances wurden nach dem Zufallsprinzip generiert, um entweder jedes Jahr eine feste Rendite von acht Prozent zu liefern oder mit einer Wahrscheinlichkeit von vier Prozent und einem angenom- menen Recovery Value von 25 Prozent auszufallen. Außer- dem haben die drei S&P-DJI-Experten die paarweisen jähr- lichen Ausfallkorrelationen auf 0,2 festgelegt. Die „Bench- mark“-Rendite wurde auf eine hypothetische Rendite von acht Prozent für 96 Prozent des Portfolios festgelegt, abzüg- lich eines Verlusts von 75 Prozent für vier Prozent des Port- folios. Den Sinn dieser Übung veranschaulicht die Grafik „Konzentrierte Outperformance-Wahrscheinlichkeiten“. Darge- stellt ist die sich aus der Simulationsrechnung ergebende Häufigkeit von Benchmark-Outperformance, die entweder für ein (zufällig ausgewähltes) Ein-Bond-Portfolio oder ein aus 50 gleichgewichteten Anleihen bestehendes Portfolio über Zeithorizonte von ein bis 20 Jahren hinweg beobachtet wurde. Es zeigt sich Folgendes: Wenn nur vier Prozent der Anleihen ausfallen und die Renditen aller anderen nicht ausgefallenen Anleihen ähnlich sind, dann hat ein zufällig ausgewähltes Einzel-Anleihen-Portfolio logischerweise eine Chance von 96 Prozent, die Benchmark zu übertreffen. Konzentrierte Outperformance-Wahrscheinlichkeiten Diversifikation erweist sich als einziger „Free Lunch“. Mit steigendem Anlagehorizont in der Simulationsrechnung performt das aus 50 gleichgewichteten Anleihen bestehende Portfolio im Vergleich zum – maximal konzen- trierten – Ein-Bond-Portfolio zwar zu Anfang schwächer, über zehn Jahre dann schon ungefähr gleich und über 20 Jahre bereits besser. Die Outperformance-Wahrscheinlich- keit sinkt aber über die Jahre und liegt bei 20-jährigem Zeithorizont für beide Ansätze unter 50 Prozent. Quelle: S&P DJI 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % 20 Jahre 10 Jahre 5 Jahre 3 Jahre 1 Jahr 50-Bond-Portfolio 1-Bond-Portfolio Outperformance-Wahrscheinlichkeit 96 % 88 % 78 % 82 % 77 % 67 % 47 % 66 % 44 % 77 % N o . 2/2024 | institutional-money.com 85 Anleihen passiv | THEORIE & PRAXIS

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