Institutional Money, Ausgabe 2 | 2024

der Frage, ob durch mehr oder eher weniger Regulierung mehr erreicht werden kann, liefert uns Kanada ein inter- essantes Beispiel. Dort hat die eine Stadt sich entschieden, durch ein deutliches Mehr an Regulierung gerade die Ent- wicklung der Wohnungsmärkte stärker zu fördern. Andere Städte haben genau das Gegenteil getan und auf staatliche Eingriffe so weit wie möglich verzichtet. Und es hat sich gezeigt, dass in den nicht regulierten Märkten, wo man quasi dem Markt freien Lauf gelassen hat, mit der Zeit ein zunehmend ausgeglichenes Angebot entstanden ist. Welchen Schluss ziehen Sie daraus auf Deutschland bezogen? Thomas Veith: Ich glaube schon, dass trotz aller Zerstritten- heit in der Politik eine relativ breite Tendenz besteht, dem Markt mehr Freiraum zu geben. Dann ist man natürlich ganz schnell wieder bei der Diskussion darüber, dass dies vor allem für ein wachsendes Angebot im Luxuswohnungs- bereich die Tür öffnet. Das wird wahrscheinlich auch so sein. Aber wenn sozusagen genug Luxuswohnungen da sind, dann werden sich meiner Erwartung nach im zweiten Schritt eben auch das Angebot an bezahlbaremWohnraum und insbesondere der herkömmliche Wohnungsbau wieder entwickeln. Das alles ändert natürlich auf kurze Sicht nichts daran, dass die Baukosten zuletzt in die Höhe geschossen sind. Aber auch hier stellt sich im Vergleich zum vergange- nen Jahr ja schon wieder so etwas wie eine Normalisierung ein. Und zusätzlich braucht es sicherlich eins: gute Ideen, wie man die Situation mit mehr „Out of the Box“-Maß- nahmen verbessern kann. Woran denken Sie? Thomas Veith: Es geht mir gar nicht darum, das Problem Wohnen durch irgendwie geartete revolutionäre neue Kon- zepte zu lösen. Manchmal hilft auch der einfache Blick zu- rück auf vermeintlich ad acta gelegte oder in Vergessenheit geratene Strukturen. Eine unserer jüngsten Studien zu den drohenden Auswirkungen von fehlendem Wohnraum auf Arbeitgeber legt nahe, dass es zielführend sein kann, wenn Unternehmen sich wieder stärker um ein Thema kümmern, das früher unter dem Begriff Werkswohnungen insbeson- dere für große Industriekonzerne attraktiv gewesen ist. Ich glaube, nicht nur wir als Beratungshaus würden gut daran tun, dieses Thema mit neuen Konzepten und frischen Ideen auch für andere Branchen auf der Suche nach der Bindung von Fachkräften zugänglich zu machen. Aus Sicht eines Investors käme durch die Einbeziehung großer Wirtschafts- akteure, sprich der Arbeitgeberseite, gewissermaßen eine zusätzliche Sicherheitskomponente hinzu. Sie haben eben von zwei Segmenten gesprochen, für die sich ein positiver Megatrend abzeichnet. Was war noch gemeint? Thomas Veith: Das Logistiksegment, in dem es unter Schlag- worten wie Nearshoring und Friendshoring zu einer deut- lich steigenden Aktivität kommen wird … Ausgewiesener Experte für Immobilien und Infrastruktur Thomas Veith gehört als Partner zum Führungsteam von PwC Deutschland und ist derzeit Global Real Estate Leader und Leiter für Real Assets bei dem Wirtschaftsprüfer. In diesen Funktionen koordi- niert er die Beratung und Bewertung von Immobilienprojekten und unterstützt bei Transaktionen. Veith trat bereits im Jahr 2000 in die Dienste von PwC und hat sich seither zu einem der führenden Experten im Bereich Real Estate entwickelt. Davor hat er von 1995 bis 1999 für die BHF-Bank gearbeitet, wo er für Akquisition und Management von Immobilien verantwort- lich war. Im Jahr 2021 hat Veith gemeinsam mit seinen bei- den Co-Autoren Christiane Conrads und Florian Hackelberg das Praxishandbuch „ESG in der Immobilienwirtschaft“ verfasst, das erste umfassende Werk zum Thema ESG und den Auswir- kungen auf die Immobilienwirtschaft, das inzwischen auch ins Englische übersetzt wurde. 74 N o . 2/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Thomas Veith | PwC Deutschland FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH » Ich glaube schon, dass trotz aller Zerstrittenheit in der Politik eine relativ breite Tendenz besteht, dem Markt mehr Freiraum zu geben. « Thomas Veith, Partner und Global Real Estate Leader bei PwC Deutschland

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