Institutional Money, Ausgabe 2 | 2024

aber, dass es am Ende ein Bereinigungsprozess ist, und solch einer hat noch nie geschadet. Können Sie das in Bezug auf Ihren Anspruch in gewisser Weise bestätigen, Frau Idriss? Lanna Idriss: Was ich auf jeden Fall in ähnlicher Weise seit Sommer 2023 erlebe, das ist eine spürbare Zurückhaltung von Menschen in Bezug auf die Bereitschaft, für die Rechte und das Wohl von Kindern zu spenden.Was sicher ähnliche Gründe hat wie die von Herrn Kührlings genannten, sprich Inflation, gestiegene Lebenshaltungskosten und Verunsiche- rung bezüglich der eigenen Versorgung. Ich würde das aber auch noch nicht als bedrohlich bezeichnen, auch wenn rund 90 Prozent unseres Spendenaufkommens von Privat- personen stammen. Daher bin ich froh, dass wir einen Part- ner wie zum Beispiel DHL als Unterstützer unserer Projekte gewinnen konnten, der wahrhaft weltweit agiert und prä- sent ist. Denn eine DHL-Filiale finden Sie wirklich in jedem Land und das selbst in kleinsten Orten der Welt. So wie uns. Und wir werden weiter darum kämpfen, dass unsere The- men die nötige Aufmerksamkeit erhalten, die sie aus bestimmten Gründen eben heute nicht haben. Worauf spielen Sie an? Lanna Idriss: Zum Beispiel auf die Tatsache, dass Kinder nicht wählen dürfen und damit ihre Interessenvertretung immer schwer ist. Die Politik ist zwar vordergründig be- müht zu betonen, das Wohl von Kindern liege ihr enorm am Herzen, zieht sich aber zurück, wenn es darum geht, konkrete Projekte zu unterstützen, wie eine stärkere Berück- sichtigung von Kinderrechten imUmfeld der Finanzmärkte oder eine angemessene Jugendpartizipation sicherzustellen. Wenn reagiert wird, dann oftmals auf eine nationale Per- spektive der Herausforderungen, aber wenn man ehrlich zu sich selbst ist, dann ist es für eine Beschränkung auf natio- nale Grenzen längst zu spät. Was meinen Sie genau mit „zu spät“? Lanna Idriss: Es bringt überhaupt nichts, sich nur lokal zu engagieren. Denn das Klima und der Klimawandel kennen keine Grenzen. Aus einer psychologischen Perspektive kann ich durchaus nachvollziehen, wenn man angesichts der Nachrichtenflut, die in dieser Hinsicht auf einen einströmt, z.B. auf Vermeidung schaltet. Aber das ist kein Leadership. Am Ende aber sind wir als Weltgemeinschaft von den dra- matischen Veränderungen des Klimas betroffen.Daher glau- be ich, vielen würde es die Augen öffnen und die eigene Betroffenheit klarmachen, wären sie einmal live dabei, wenn wir Kinderdorf-Projekte im globalen Süden umsetzen.Dann würden sie zudem sehen, dass wir mit unserer Arbeit oft genug über unser eigentliches Projekt hinausgehend wie eine Art positiver Pull-Faktor wirken. Was meinen Sie damit? Lanna Idriss: Wenn wir beispielsweise inWest- oder Ostafrika ein Kinderdorf aufbauen, dann rüsten wir diese mit Photo- voltaikanlagen oder zum Teil mit portablen Wasseraufberei- tungsanlagen aus. Was wir dann schon oft erlebt haben: Kinderdörfer, die wir zum Teil vor 50 Jahren auf einem Stück Rasenfläche errichtet haben, sind mit der Zeit zu einem enorm wichtigen Standort mitten in einer Stadt angewachsen. Weil wir die Community, die dort lebt, mit unseren Anlagen versorgen können. Das ist es, was nach meinem Verständnis den eigentlichen Sinn des Begriffs „investieren“ sehr viel besser trifft und unsere Wirksamkeit in allen drei ESG-Dimensionen ermöglicht. Wir danken für das Gespräch! HANS HEUSER 68 N o . 2/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Lanna Idriss & Karsten Kührlings | GLS Bank FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH » Nachhaltige Portfolios drehten von Out- auf Underperformance, und traditio- nelle Fondsgesellschaften haben aufge- hört zu behaupten, Nachhaltigkeit habe schon immer zu ihrer DNA gehört. « Karsten Kührlings, Geschäftsführer GLS Investments

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