Institutional Money, Ausgabe 2 | 2024

Dächern PV-Anlagen installieren, die langfristig an Dritte verpachtet werden, die die PV-Anlagen betreiben. „Das ist zwar machbar, ist aber aufwendig, da entsprechende Dienst- leister hinzuzuziehen sind“, erklärt Wolff. Tatsächlich stellt die Grenze in der Praxis der Immobilien- investoren eine erhebliche Hürde dar. „Auch eine 20-Pro- zent-Grenze ist bei vielen Logistik- oder Fachmarktzentren bald erreicht.Da gibt es riesige Dachflächen, die gut geeignet sind für die Installation von PV-Anlagen. Aber der Gesetzge- ber zwingt uns, eine Akrobatik anzuwenden, die die Dinge komplizierter macht, als sie ohnehin schon sind“, erklärt Sebastiano Ferrante, Head of Europe bei PGIM Real Estate. Es ist richtig, dass man als Bestandshalter überlegen kann, die Dachflächen zu verpachten. „Aber es stellen sich dann viele Fragen: Was ist, wenn der Stromerzeuger bei der Mon- tage Schäden an der Außenhaut der Immobilie verursacht? Wer erzeugt überhaupt den Strom? Oft handelt es sich dabei um Start-up-Firmen, die auch insolvent werden können. Wer ist bei einem eventuellen Ausfall des PV-Anlagen-Betrei- bers der Stromerzeuger? Werde ich dann doch wieder zum Stromerzeuger? Oder muss ich in dem Fall eine Auffang- gesellschaft gründen?“ Das sind viele Überlegungen und Klimmzüge, und viele Bestandshalter sind der Meinung, dass sie dafür nicht ausreichend entschädigt werden. „Denn selbst wenn alles gut läuft, fließt der Großteil der Einnah- men aus der Stromerzeugung nicht an den Bestandshalter, sondern an den Energieerzeuger, dem die Dachfläche ver- pachtet wurde. Für uns, die wir die Dachflächen verpachten, sind die Einnahmen überschaubar“, findet Ferrante. Er argumentiert, dass die großen Immobilienbestandshal- ter eine viel größere Durchschlagskraft bei der Transforma- tion hätten als die spezialisierten Unternehmen, die zwar dy- namisch, aber meistens jung und gering kapitalisiert seien. Dass die Freigrenze für die gewerblichen Einnahmen auf 20 Prozent angehoben wurde, findet er gut, aber eigentlich möchte Ferrante die Grenze deutlich höher sehen: „Im Gesetz sollte stehen, dass der „überwiegende“ Teil der Ein- nahmen eines Immobilienfonds aus Vermietung und Ver- pachtung stammen muss. Das wären dann mindestens 51 Prozent.“ Eine solche Formulierung hält er für ein echtes Incentive, das den großen Bestandshaltern angeboten wer- den sollte. „Schließlich sind sie es, die die Transformation leisten und bezahlen sollen. Eine solche Regelung hätte viel mehr Durchschlagskraft als die Verpflichtung für Häusle- bauer, hier und da eine Dämmung anzubringen“, meint Ferrante und zuckt verständnislos mit den Schultern. „Auf der einen Seite greift der Staat in die Entscheidungsfreiheit der privaten Haushalte ein, und auf der anderen lässt er offensichtlich vorhandene Ressourcen ungenutzt liegen!“ Strom da produzieren, wo er verbraucht wird Der Vorteil des Vorschlags von Ferrante bestünde darin, großen Bestandshaltern einen Anreiz zu bieten, die Dächer ihrer Immobilien mit PV-Anlagen auszustatten und auch sonst überall, wo es sich anbietet, stromerzeugende Anlagen aufzustellen. „So würde die Energieerzeugung direkt am Objekt geschehen, dort, wo der Strom verbraucht wird. Ge- nau das will man doch, weil die Stromtrassen vom Norden in den Süden noch nicht da sind“, argumentiert der PGIM- Manager. Bei Datenzentren sei das besonders wichtig. „Die verbrauchen immens viel Strom, und durch die zunehmen- de Anwendung von KI und den entsprechenden Datenbe- darf brauchen wir davon in Zukunft eher mehr als weniger. Lokale Mikronetzwerke mit grüner Stromversorgung wären hier angebracht, um Spitzenlasten auszugleichen. Hier wür- de ich mir deutlich mehr Kreativität seitens der Regulierer wünschen!“,meint Ferrante. „Das ist ein Thema, das wirklich priorisierungswürdig ist. Wir wären mit unseren Investitio- nen gern dabei, werden jedoch steuerlich und regulatorisch immer noch zu stark eingeschränkt. Dabei setzt die Politik doch laut eigenen Angaben auf private Gelder bei der Trans- formation.“ Ein eigenes Thema ist das Fondsdomizil, so hat PGIM beispielsweise viele Luxemburger Vehikel. „Wenn wir uns an deutsche Investoren wenden, müssen wir naturge- mäß trotzdem die Auflagen des deutschen Gesetzes einhal- ten, sonst sind die Luxemburg-Vehikel nicht immobilien- quotenfähig“, sagt Ferrante. Insofern hole man sich beispiels- weise über deutsche Pensionskassen die Problematik mit der Gewerblichkeit in die Luxemburg-Vehikel. „Die deutsche Regelung wird damit indirekt nach ganz Europa exportiert“, so Ferrante. „Bei unserer Fondsserie im Value-Add-Bereich wollen wir flexibel sein, wie wir mit PV-Anlagen umgehen. Dann müssten wir aber deutsche Investoren ausschließen“, bedauert er. Sie könnten diese Vehikel dann allenfalls in die Private-Equity-Quote nehmen, die allerdings viel kleiner ist als die Immobilienquote. Das Wachstumschancengesetz ist Ende März 2024 in Kraft getreten. Der volle Gesetzesname lautet „Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Inves- titionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“; Spaßvögel reden lapidar von „WC-Gesetz“. Dieses Gesetz enthält neben der Verdoppelung der invest- mentsteuerlichen Bagatellgrenze bezogen auf Einnahmen aus Erzeugung oder Lieferung von Strom aus Erneuerbare- Energien-Anlagen auf jetzt 20 Prozent eine ganze Samm- lung an Klimaschutz-Incentives, Forschungsförderung und Verlustverrechnungsmöglichkeiten. Das Gesetz, mit dem Finanzminister Christian Lindner die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stärken will, umfasst insgesamt 50 steuerpoli- tische Maßnahmen. Gefördert werden unter anderem Inves- 264 N o . 2/2024 | institutional-money.com STEUER & RECHT | Zukunftsfinanzierungsgesetz FOTO: © MARTIN JOPPEN Laut EY betragen die Kosten für den grünen Umbau des Landes bis 2030 insgesamt 721 Mil- lionen Euro und bis 2035 sogar mehr als 1,2 Billionen Euro. » Immobilienfonds können einen wertvollen Beitrag zur Energiewende leisten. Der Gesetzgeber muss jedoch die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen. « Dr. Andreas Böhme, Partner Kanzlei King & Spalding, Frankfurt

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