Institutional Money, Ausgabe 2 | 2024

wird. Die Höhe dieses Tracking-Error-Limits, ab dem eine Allokationsanpassung erforderlich ist, hängt von der genau- en Ausgestaltung des Mandats ab. Die täglich berechneten Modellsignale können sowohl physisch als auch über Derivate in Kundenportfolios um- gesetzt werden. In der Quantitative Investment Boutique erfolgt die Umsetzung üblicherweise über Derivate wie bör- sengehandelte Indexfutures.Das erlaubt zum einen eine sehr effiziente Umsetzung, und zum anderen bringt es den zusätzlichen Vorteil mit sich, dass die Modellsignale ebenso im Overlay-Kontext angewendet werden können. Loy stellt klar, dass es sich bei GLOCAP um ein „kondi- tioniertes Anlagebewertungsmodell“handelt, also nicht um ein Wertsicherungsmodell, sondern um ein Instrument zur taktischen Asset Allocation (TAA). „Vor diesemHintergrund setzen wir GLOCAP nur in Kombination mit flankieren- den Risikomanagementbausteinen ein, wenn ein Kunde eine Wertsicherung benötigt.“ Seine Kollegin Kirner ergänzt: „So hat man eine Modell- diversifikation, denn jeder Baustein hat seine Stärken und Schwächen.“Ein typisches Aktienmandat mit Wertsicherung würde von Vontobel wie folgt aufgebaut: 1. Aktienquotensteuerung mit GLOCAP innerhalb der mit dem Kunden festgelegten Bandbreiten, Märkte und Währungen 2. Risikomessung anhand des proprietären Vola-Pro- gnosemodells „SDR“ (state-dependent risk measure) 3.Wertsicherung mittels eines Conditional-Expected- Drawdown-Ansatzes SDR basiert auf einer aus dem Machine Learning ent- lehnten Methodik und nutzt ökonomisch „ähnliche“ Zeit- punkte in den letzten 35 Jahren, um eine valide Prognose für die Portfoliovolatilität über die nächsten 21 Tage zu ermitteln. Hierfür wird für jeden Zeitpunkt errechnet, wel- che Volatilität die aktuelle Allokation damals realisiert hätte, und ein gewichteter Durchschnitt gebildet.Diese Vorgehens- weise erlaubt die Berücksichtigung einer langen Historie, ist gleichzeitig „forward-looking“und liefert ein Risikomaß, das in normalen Marktphasen ruhig ist und im Fall von Börsen- unsicherheiten sehr reagibel anspringt. Es mahnt dann, den Fuß vom Gas zu nehmen. Der dritte Baustein beinhaltet die kontinuierliche Über- wachung des Portfoliorisikos (anhand des Conditional Expected Drawdown) und die Analyse, ob das verbleibende Risikobudget aktuell noch ausreichend ist. Falls das Port- foliorisiko im Fall negativer Marktentwicklungen das Risi- kobudget übersteigt,muss die Allokation entsprechend suk- zessive abgebaut werden. Der Vorteil des hier verwendeten Risikomaßes liegt in der besseren Berücksichtigung von Tail- Risiken imVergleich zu klassischen Value-at Risk-Konzepten. Zusätzlich kann ein Puffer gebildet werden,wenn seit Jahres- beginn positive Renditen erzielt werden. Dieser kann als Wiedereinstiegsbudget genutzt werden und erlaubt es dann, beizeiten in den Markt zurückzukehren. Die Kombination eines prognosebasierten TAA-Modells mit einer intelligenten Risikomessung sowie einer technischenWertsicherungskom- ponente – quasi als letzte Verteidigungslinie – ermöglicht eine effiziente Verteidigung von Risikobudgets. Ein kom- plett verbrauchtes Risikobudget führt nämlich immer zu Schwierigkeiten. „Keiner geht gern zum Kunden, um sich neues Budget geben zu lassen“, meint Kirner. Daher sei es gut, mit Puffern zu arbeiten. „Dann kann man die frühen Signale nutzen, um wieder in den Markt zurückzukehren.“ Finreon AG, St. Gallen Auch der schweizerische Asset Manager Finreon AG bietet mit seiner Tail-Risk-Control-Lösung eine Wertsicherungs- strategie an. „Wir können Signale für globale Aktienport- folios generieren, aber auch für Emerging-Markets-Aktien- oder Anleihenportfolios“, erklärt Dr. Julius Agnesens, der bei Finreon den Bereich Investment Solutions verantwortet und die Wertsicherungsstrategien von Finreon bereits von Be- ginn an begleitet. Der Finanzmarkt-Think-Tank Finreon entstand 2009 als Spin-off der Universität St. Gallen (HSG). Finreon hält immer noch aktiv den Kontakt zur Wissen- schaft. So arbeitet Finreon-CEO Dr. Ralf Seiz beispielsweise als Lehrbeauftragter an der Universität St. Gallen, betreut mit weiteren Finreon-Mitarbeitern Projekte von Studieren- den oder sponsert mit seinem Unternehmen Preise für die besten Abschlussarbeiten. Viele ehemalige und aktuelle Doktoranden arbeiten imUnternehmen.Mit seinen 25 Mit- arbeitern betreut der schweizerische Asset Manager aktuell rund sechs Milliarden Euro Kundenvermögen (Assets under Advisory) und ist an den beiden Standorten Zürich und St. Gallen vertreten. „Bevor wir eine Wertsicherungsstrategie anbieten, gilt es zu verstehen, welche Risiken für den spezifischen Investor einer Absicherung bedürfen.Normale Marktschwankungen von, sagen wir, einer Standardabweichung, können die meis- ten Investoren im Rahmen eines diversifizierten Portfolios tragen. Aber einen globalen Crash können und wollen die wenigsten aushalten“, weiß Agnesens aus Erfahrung. Das Crash-Risiko ist daher das Risiko, das er vermeiden will.Dass das Modell von Finreon nicht bei jeder kleineren Abwärts- bewegung aus demMarkt rausgeht, bewahrt deren Kunden vor übermäßigem Aktivismus. „Hin und her macht Taschen leer. Das betrifft nicht nur die Transaktionskosten, denn vor allem bei kleineren, tragbaren Marktschwankungen gelingt der Ein- und Ausstieg keinem Modell zum perfekten Zeit- N o . 2/2024 | institutional-money.com 225 Absicherungsstrategien | PRODUKTE & STRATEGIEN FOTO: © STEPHAN BRAUCHLI » Die Betrachtung der Dividendenrendite ermöglicht es uns, auch antizyklisch rasch wieder in den Markt einzusteigen. « Franziska Kirner, Leiterin Institutional Sales Germany & Austria, Vontobel

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