Institutional Money, Ausgabe 2 | 2024

und das Risikobudget effizient genutzt wird“, sagt Ewald und gibt ein Beispiel: „Wenn ein Investor eine Wertunter- grenze von zehn Prozent einziehen möchte, dann kann das Portfolio eine Volatilität von um die fünf Prozent vertragen. Entsprechend muss die Asset Allocation des Portfolios aus- sehen.“ Zu überlegen ist dann, ob die Portfolioallokation statisch ist oder ob es sich um einen dynamischen Prozess handelt. In einem volatilen Marktumfeld würde der dyna- mische Prozess zum Beispiel die Aktienquote reduzieren – und umgekehrt, unabhängig davon, ob die übergelagerte Wertsicherungssystematik eingreift. Wichtig sei bei Wertsicherungssystemen immer, dass der Prozess zum Investor passt. „Letztlich handelt es sich nicht um ein Produkt, sondern um eine Lösung. Diese ist für den Kunden und dessen Investmentstil maßgeschneidert“,meint Ewald. Gleichzeitig warnt er davor, dass das Management oder die Gremien am Ende doch ihrem Bauchgefühl freien Lauf lassen: „Eine Wertsicherung einzukaufen und dann doch händisch einzugreifen ist kontraproduktiv“, meint Ewald. „Wenn man einen guten systematischen Prozess hat, darf kein diskretionärer Eingriff erfolgen, sondern man muss dem Prozess treu bleiben.“ GLOCAP von Vontobel (ehem. Vescore) Eines der am Markt etablierten Konzepte zur taktischen Asset Allocation ist GLOCAP, das bereits im Jahr 1998 von Dr. Peter Oertmann, dem Firmengründer der Quant-Bou- tique Vescore, entwickelt wurde. Im September 2016 wurde Vescore von der Schweizer Vontobel Gruppe übernommen und agiert nun unter demNamen Quantitative Investment Boutique auf der internationalen Multi-Boutique-Plattform. Obwohl von „taktischer Steuerung“ die Rede ist, ist das Modell kein kurzfristiger Trendfolger, sondern greift eher die mittel- und langfristigen Wirtschaftsphasen ab. „Wir wollen mit GLOCAP nicht zu kurzfristig unterwegs sein, um nicht jedem kleinen Trend hinterherzulaufen. Andererseits darf so ein Modell auch nicht zu träge sein, sodass die Allokation zu selten angepasst wird“, stellt Franziska Kirner klar. Sie leitet heute Vontobels institutionellen Vertrieb in Deutschland und Österreich und hat vor 14 Jahren ihre Diplomarbeit über Risikofaktoren an den Aktienmärkten von Schwellenländern geschrieben und dabei auch die Prognosefähigkeit von GLOCAP in diesen Märkten unter- sucht. Tendenziell sei GLOCAP für alle Aktienmärkte mit ausreichender Informationstiefe geeignet, erklärt Kirner. Christoph Loy, der bei Vontobel Quantitative Investments den Bereich Solutions in Deutschland leitet, erklärt, wie er technisch vorgeht. „Unsere Erwartungshaltung an GLOCAP lässt sich anhand der Sharpe Ratio bemessen, also der Produktivität des eingesetzten Kapitals. Die Sharpe Ratio sagt, wie viel Überschussrendite ich für eine Einheit ein- gesetztes Risiko erwarten kann. Ein Wert von über 0,5 oder 0,6 ist schon ziemlich gut. Daher erwarten wir von all un- seren Modellen, dass sie eine Sharpe Ratio von mindestens 0,6 aufweisen.“ Vier Informationsträger Als Eingangsgrößen für sein Modell nutzt er ausschließlich marktgehandelte Informationen wie Zinssätze oder Index- stände. „Ursprünglich wurde das Modell für ein Portfolio geschaffen, das aus Aktien und Anleihen besteht. Mittler- weile gibt es aber auch Anwendungsfälle für Aktien vs. Cash oder für eine taktische Long/Short-Allokation für Rohstoffe“, erklärt Kirner. Als Eingangsdaten für die Aktienquotensteue- rung dienen die folgenden vier Zustandsvariablen: • langfristige Konjunkturerwartungen, gemessen über die Steilheit der globalen Zinskurven (Term Spread) • Liquiditätspräferenzen und systemisches Risiko im Bankensystem, gemessen über den TED-Spread • Vertrauen in Unternehmen, gemessen über den Kreditrisiko-Spread • Fundamentale Bewertung, gemessen über die Dividendenrendite Dieses Set an Zustandsvariablen umfasst je zwei makro- und mikroökonomische Faktoren, die eine Schätzung des Risikoappetits der Marktteilnehmer erlauben. Je nach vor- herrschendem ökonomischem Umfeld sind üblicherweise eine oder zwei dieser Variablen ausschlaggebend für die Positionierung. So war beispielsweise die Dividendenrendite in den Marktverwerfungen im März 2020 vorübergehend der dominante Informationsträger im Modell. „Diese Variable ermöglicht es uns, auch antizyklisch rasch wieder in den Markt einzusteigen. Wenn die Kurse stark fallen, dann steigt gleichzeitig die Dividendenrendite,was uns dann recht früh ein Einstiegssignal geben kann“, erklärt Kirner. „Auf diese Weise hat uns GLOCAP recht bald nach dem Corona-Crash im März 2020 ein Signal zum Aufbau der Aktienquote gegeben.“ Taktische Asset Allocation (TAA-Modell) Nachdem das Modell jeden Tag mit den Schlusskursen gefüttert wird, wird für jedes Portfolio täglich die optimale Soll-Allokation berechnet, und es findet ein Abgleich zwi- schen dem bestehenden und dem Soll-Portfolio statt. Ob eine Allokationsanpassung im Live-Betrieb erforderlich ist, hängt maßgeblich vom Tracking Error von Soll- zu Ist-Port- folio ab, der kontinuierlich automatisiert und systembasiert berechnet und dem Portfoliomanager zur Verfügung gestellt 224 N o . 2/2024 | institutional-money.com PRODUKTE & STRATEGIEN | Absicherungsstrategien FOTO: © WARBURG INVEST Ein legitimer Ein- wand bezüglich Risikomanagement- systemen ist, dass viele Modelle nicht schnell genug wie- der in den Markt zurückkehren. » Man muss dem Investor mit hoher Verlässlichkeit garantieren können, dass er mit dem Modell nicht dauerhaft in den Cash-Lock fällt. « Olaf Krumnack, Senior Relationship Manager bei Warburg Invest

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