Institutional Money, Ausgabe 2 | 2024
Probleme zu überwinden. So müsste das Fundraising ange- schoben werden, etwa indem man die Pensionskassen und Versicherungsunternehmen mit Incentives dazu bringt, sich stärker im VC-Markt zu engagieren. Das könnte unter Umständen dadurch geschehen, dass First Losses von öffent- lichen Finanzquellen übernommen werden. Auch die neue Regulierung zu ELTIFs (European Long-Term Investment Funds), die gemeinsame Investitionen und Dachfondsstrate- gien ermöglichen, soll Privatkapital anlocken. Das nächste Problem sind die kleineren Volumina, die große Finanzie- rungsrunden erschweren. Abhilfe zu schaffen versucht hier die European Tech Champion Initiative (ETCI). Die ETCI besteht aus Frankreich, Deutschland, Spanien, Italien, Belgien und der Europäischen Investitionsbank (EIB), die seit Februar 2023 versucht, die Risikokapitalmärkte anzu- schieben.Dazu gibt es einen Dachfonds mit 3,75 Milliarden Euro, der in große VC-Fonds investiert, um mehr Growth- Kapital für europäische Hightech-Firmen bereitzustellen, um Finanzierungsrunden von mehr als 50 Millionen Euro zu erleichtern und Auslandsübernahmen in diesem sensiblen Sektor zu verhindern.Weitere Initiativen ähnlichen Charak- ters gibt es auch auf nationaler Ebene. Da grenzüberschrei- tende VC-Investitionen in der EU vermehrt stattfinden, soll- te man in Europa die Fragmentierung des Risikokapital- marktes überwinden. Early-Stage-Investments finden meist im Heimatland der Gründer statt, und gerade bei Start-ups in Osteuropa fehlt es dann oft an ausreichender Unterstüt- zung. Auch müsste man an den Exit-Optionen in der EU arbeiten, denn das Exit-Umfeld ist deutlich schwächer als in den USA. Aktuell arbeitet die EU daran, den Exit für Start- ups durch einen IPO an der Börse zu erleichtern. EU-Parla- ment und der Europäische Rat haben sich auf vereinfachte Prospektvorschriften und eine Verringerung des administra- tiven Aufwands verständigt, und auch die Einführung von Mehrstimmrechtsaktien soll es Gründern schmackhafter machen, an die Börse zu gehen, ohne dabei wesentlichen Einfluss zu verlieren. Letztere Ideen findet sich im Übrigen auch im deutschen Zukunftsfinanzierungsgesetz wieder, das außerdem geringere Mindestkapitalanforderungen und Steuervorteile im Zusammenhang mit Mitarbeiterbeteili- gungen enthält. Das alles klingt wenig überzeugend, und doch gibt es Gründe für Optimismus. Ursula Walther, Analystin Banken und Finanzmärkte bei DB Research, nennt drei Gründe: Erstens könnten gezielte öffentliche Innovationsförder- programme sowie wahrscheinliche Fortschritte bei der Voll- endung der Kapitalmarktunion für Rückenwind sorgen. Zweitens könnte eine zunehmende Anzahl erfolgreicher und wachstumsstarker europäischer Start-ups weitere Inves- toren anziehen, wobei Walther erhebliches Potenzial bei Ver- sicherern und Pensionskassen für zusätzliches Venture-Capi- tal-Fundraising sieht. Und drittens erwartet sie für 2024 eine Verbesserung des Exit-Umfelds, wodurch die Risikokapital- märkte neue Impulse erhalten und wieder auf ihren lang- fristigen Wachstumspfad zurückkehren sollten. Institutionelle, die um das Thema VC bisher einen Bogen gemacht haben, sollten schon einmal darüber nachdenken, in welcher Form sie sich künftig am VC-Markt engagieren könnten, und ihre internen Kompetenzen diesbezüglich auf- bauen. Denn angesichts des „massiven Wunsches“ der Poli- tik, dass institutionelle Gelder zur Finanzierung von grünen und digitalen Innovationen beitragen mögen, wird man sich diesemDruck kaum entziehen können. Viel wird dabei von der endgültigen Ausgestaltung der künftigen Produkte abhängen, wo wohl die meisten Kapitalsammmelbecken etwas auf der Ertragsseite zu opfern bereit sein werden, um eine Form der Abdeckung von First Losses zu erhalten. DR. KURT BECKER Fundraising-Vergleich Fundraising-Lücke zwischen Europa und den USA im 10-Jahres-Vergleich Während Europa beim Anteil der eingeworbenen Finanzmittel für VC-Fonds mehr oder weniger auf der Stelle tritt, ist die Situation in den USA wesent- lich dynamischer – sowohl im Aufschwung als auch in einem zuletzt beobachteten schwierigeren Marktumfeld. Quelle: Pitchbook, NVCA 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2020 2021 2019 2022 2023 0,0 % 0,1 % 0,2 % 0,3 % 0,4 % 0,5 % 0,6 % 0,7 % USA Europa (EU, GB Norwegen und Schweiz) Prozent des BIP Exit-Nachteile Exits über die Börse geschehen in 2/3 der Fälle im Nicht-EU-Raum. Die Grafik illustriert, wo der Hauptsitz des Käufers ist beziehungsweise wo der Ort des Börsengangs (IPO) liegt, wenn es 2023 zu einem Exit bei einer jungen Firma mit VC-Beteiligung kam. Bei Trade Sales kommen nur in 44 Prozent der Fälle die Käufer aus dem Nicht-EU-Ausland, bei den Börsen- gängen jedoch schon 66 Prozent. Quelle: EIF VC Survey 2023 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % IPO/ Verkauf gelisteter Aktien Verkauf an Venture- Capital-oder Private- Equity-Investor Trade Sale an strategischen Käufer 56 % 44 % 54 % 46 % 34 % 66 % Exit-Anteil in der EU Exit-Anteil außerhalb der EU N o . 2/2024 | institutional-money.com 193 Risikokapitalmärkte | PRODUKTE & STRATEGIEN
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