Institutional Money, Ausgabe 2 | 2024

Und wie man es schaffen will, dass Regulierung künftig der Steigbügel statt der Hemmschuh sein kann. Ein Gespräch mit Prof. Hanjo Allingernvon CAP2, Kai Röhrl von Robeco, Claudia Röring von Quoniam Asset Management, Edda Schröder von Invest in Visions und Barbara Wokurka vom Finvia Family Office. Meine Damen und Herren, unsere Leitfrage bei diesem Gespräch lautet: Was hat die Fondsindustrie beim Thema ESG bislang tat- sächlich bewirken können? Was sind dabei spontan Ihre ersten Gedanken? Edda Schröder: Grundsätzlich bin ich davon überzeugt, dass auch im Asset Management ohne Regulierung nicht wirk- lich etwas vorangeht. Daher bin ich auf der einen Seite froh, dass es die ESG-Regulierung gibt. Wie sie allerdings bisher ausgeführt und umgesetzt wird, steht auf einem ganz ande- ren Blatt. Auf unsere Branche bezogen hat sie schon dazu beigetragen, dass das Verständnis in Bezug auf nachhaltiges Investieren insgesamt erheblich zugenommen hat. Das Bewusstsein dafür, dass es unbedingt notwendig ist, Invest- mentgelder stärker in nachhaltige Anlagen umzuleiten, über deren Definition wir ja sicher noch sprechen werden, ist bei Marktakteuren und insbesondere Investoren heute signifi- kant höher, als das noch vor fünf oder zehn Jahren der Fall war. Und daran hat die Fondsindustrie – eben aufgrund der Regulierung – durchaus einen gehörigen Anteil, vor allem wenn wir beispielsweise an den Aspekt Dekarbonisierung denken. Andererseits wird man sagen müssen, dass es an vielen Stellen noch sehr viel zu tun gibt. Was zum Beispiel? Edda Schröder: Das „S“ in ESG, sprich die soziale Seite, wird meines Erachtens noch viel zu stiefmütterlich behandelt, wenn es um nachhaltiges Investieren geht. Dabei spielt sicher eine wesentliche Rolle, dass es bis heute noch keine Taxonomie zu dem Aspekt Soziales gibt. Daher kann es in gewisser Weise kaum verwundern, dass dieser Bereich sozu- sagen noch hinterherhinkt. Das ändert aber nichts daran, dass der Anfang gemacht ist in Bezug auf das Ziel, Gelder wirklich umzuschichten in nachhaltige Investments und nicht zuletzt in Richtung Transformation, seit dem vergan- genen Jahr das Stichwort schlechthin in der Diskussion rund um ESG. Aber gerade in dieser Beziehung geht natür- lich noch sehr viel mehr.Wenn wir das Thema in Richtung der Bankenseite erweitern, dann kann man schon sagen, dass die Finanzindustrie insgesamt natürlich noch wesent- lich aktiver sein kann, gerade bei der Kreditvergabe als einer Art Schlüssel für die Entscheidung, was durchaus finanziert werden soll, aber eben auch was bewusst nicht finanziert werden sollte. Das wiederum schlägt dann auch gleich wieder den Bogen zum Asset Management. Denn gerade die langfristige Finanzierung via Private Equity oder Private Debt eröffnet enorme Möglichkeiten, einen künftig noch stärkeren und noch größeren Beitrag zu mehr Nachhaltig- keit zu leisten. Kai Röhrl: Grundsätzlich stimme ich Edda Schröder zu bei dem Gedanken, dass wir als Asset Manager ohne die durch die Regulierung gesetzten Regeln wahrscheinlich gar nicht so weit gekommen wären, wie wir heute tatsächlich schon sind. Wobei man natürlich trefflich über einzelne Aspekte der gesetzlichen Vorgaben und vor allem deren Umsetzung streiten kann.Weniger strittig dürfte sein, dass die Nachhal- tigkeit je nach Anbieter und Produkt ihrenWeg in durchaus unterschiedlicher Ausprägung in das eine oder andere Fondskonzept gefunden hat, wenn ich speziell an die ver- schiedenen Ansätze im Bereich der nach Artikel 8 SFDR zu- gelassenen Fonds denke. In Summe betrachtet kann man meiner Ansicht aber durchaus zu Recht zum Schluss kom- men, dass unsere Branche einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet hat, dass das ESG-Thema tiefer in das Bewusstsein der Menschen und nicht zuletzt unserer Kunden vorge- drungen und überhaupt bekannter geworden ist. Wobei man ja schon den Eindruck haben kann, dass es sich gerade in der jüngeren Zeit wieder auf dem Rückweg befindet. N o . 2/2024 | institutional-money.com 167 Roundtable | ESG | PRODUKTE & STRATEGIEN FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH » Das ›S‹ in ESG, sprich die soziale Seite, wird meines Erachtens noch viel zu stiefmütterlich behandelt, wenn es um nachhaltiges Investieren geht. « Edda Schröder, Invest in Visions

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