Institutional Money, Ausgabe 2 | 2024

aktienbasierten Rente sehen wir in Schweden die weiteste Entwicklung.Mit der sogenannten Premiumrente hängt die Höhe dieses Teils der gesetzlichen Rente in Schweden von der Marktentwicklung ab. In den anderen untersuchten Ländern ist man in der gesetzlichen Altersversorgung mit einer aktienbasierten Kapitaldeckung noch nicht so weit“, erklärt Melchiors. Er verweist allerdings darauf, dass vielerorts der aktienbasierte Anteil der Schweden-Rente überschätzt wird. „Im Schnitt liegt die Premiumrente bei rund 200 Euro. Wenn die Aktienmärkte hier mal einbrechen und dieser Teil der Rente gekürzt werden muss, dann ist das im Verhältnis zur Gesamtrente nur ein kleiner Teil“, rückt Melchiors das oft verzerrte Bild gerade. Auch Norwegen wird mit seinem sagenhaft großen staat- lichen Pensionsfonds – er hat ein Volumen von rund 1,2 Bil- lionen Euro – oft als Vorbild erwähnt. „Das Altersvorsorge- system von Norwegen, das bereits seit den 70er-Jahren über seinen aktiv angesparten Fonds verfügt, haben wir bisher nicht untersucht“, erklärt Sturm. Dieser staatliche Pensions- fonds ist aber durch eine Sondersituation geprägt, da die Mittel aus der Nutzung der Rohstoffquellen Öl und Gas ge- speist werden. „Das Geld wird also aus dem norwegischen Staatshaushalt und nicht aus Beiträgen der Versicherten auf- gebracht und kann neben Altersrenten auch für andere Din- ge wie beispielsweise Infrastrukturmaßnahmen herangezo- gen werden“, so Sturm. In Schweden hingegen stammen die Beiträge zur Premiumrente aus individuellen Zahlungen. Deutsche Aktienrente mit hohen Ambitionen Für aktienbasierte Kapitalanlagen entscheidet man sich immer dann, wenn auf lange Sicht hohe Renditen ange- strebt werden. Von der Aktienrente in Deutschland, die Anfang des Jahres im Rentenpaket II vorgestellt wurde, er- hofft man sich auf lange Sicht etwa acht Prozent jährlich. Dieses Ergebnis ergibt sich folgendermaßen: Aus dem An- lagebetrag von 200 Milliarden Euro, der bis zum Jahr 2036 aufgebaut wird, sollen – ebenfalls ab 2036 – jährlich im Schnitt zehn Milliarden Euro Erträge generiert werden; das wären fünf Prozent. Hinzu kommen noch geschätzte drei Prozent pro Jahr für Zinsaufwand und Verwaltungskosten, sodass der Kapitalstock eine Nettoperformance von acht Prozent bringen sollte. Der Ertrag in Höhe von zehn Mil- liarden Euro wird der gesetzlichen Rentenversicherung zweckgebunden zugeführt, um damit die Entwicklung des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung zu sta- bilisieren. Die Kapitalanlage des Stiftungsvermögens soll „renditeorientiert und global diversifiziert zu marktüblichen Bedingungen“ erfolgen. Breite der Fondsauswahl Auch die Wahlfreiheit beziehungsweise Wahlmöglichkeit der Kapitalanlage ist ein Differenzierungsfaktor der verschie- denen Altersvorsorgesysteme. Entsprechend weist Melchiors auf einen wichtigen Unterschied zwischen der deutschen Aktienrente und der schwedischen Premiumrente hin: „Die Besonderheit am schwedischen Modell ist, dass der Einzelne seit dem Start selbst wählen kann, welchem der derzeit rund 200 angebotenen Fonds er sein Vertrauen schenkt. Dadurch sind auch die Ergebnisse unterschiedlich, da die Anlage- schwerpunkte der Fonds differieren.“ Er fährt fort: „Wenn sich ein Arbeitnehmer nicht entscheidet, landet er auto- matisch im staatlich angebotenen Fonds AP7, der zwar schwankende Erträge generiert hat, aber derzeit mit einer Rendite nahe zehn Prozent pro Jahr glänzt.“ Während also in Deutschland mit der Aktienrente ein kollektiver Topf aufgebaut wird, dürfen sich die Schweden Die Altersvorsorge ist eines der großen gesellschaftlichen Themen und sorgt auch für Verteilungsdiskussionen zwischen den Generationen. Es ist zu hoffen, dass die Regierungen ihre staatlichen Aufgaben in diesem Bereich verantwortungsvoll wahrnehmen. N o . 2/2024 | institutional-money.com 153 Europäische Rentensysteme | THEORIE & PRAXIS FOTO: © MAGELE-PICTURE | STOCK.ADOBE.COM

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