Institutional Money, Ausgabe 2 | 2024

D ie Versorgung der Rentner stellt in allen west- lichen Ländern eine Herausforderung dar. Die geburtenstarken Jahrgänge der frühen 1960er- Jahre verabschiedet sich langsam in den Ruhestand, und die nachfolgenden Generationen sind zahlenmäßig deutlich schwächer. All das ist hinlänglich bekannt; die Frage, wie die Mittel für Rente, Gesundheit und Pflege der Älteren aufge- bracht werden können und auf welche Schultern sie zu verteilen sind, konnte dennoch bis heute nicht befriedigend beantwortet werden. Seit Jahrzehnten weisen Demografen auf diese herannahende Herausforderung hin, aber viele Re- gierungen haben überwiegend halbherzig Maßnahmen er- griffen beziehungsweise schieben das Problem vor sich her. Keine Regierung der Welt verkündet ungestraft, dass die Menschen im Ruhestand weniger erhalten werden oder die heute Aktiven höhere Beiträge zahlen oder länger arbeiten müssen. Mehrheiten werden leichter mit Wahlgeschenken gewonnen als mit solch unangenehmen Notwendigkeiten. Da fast alle westlichen Länder mit dieser Problematik um- gehen müssen und jedes auch bereits die eine oder andere Maßnahme ergriffen hat, ist es sinnvoll, gute Ideen und die bisherigen Erfahrungen aus anderen Ländern zu analysieren und auf diese Weise voneinander zu lernen. Sechs Länder analysiert Das Institut „Wirtschaft und Gesellschaft“ (IWG) hat kürz- lich die Altersvorsorgesysteme von folgenden sechs europäi- schen Ländern für das Deutsche Institut für Altersvorsorge untersucht und stellt die jeweiligen Besonderheiten heraus: Deutschland, Schweiz, Frankreich, Großbritannien, Nieder- lande und Schweden. Betrachtet werden in der Untersu- chung auch flankierende Maßnahmen zur Rente im sozia- len Bereich oder bei der Gesundheitsvorsorge. Die Studie kann dort auch heruntergeladen werden. Die Studienautoren Hans Melchiors und Sebastian Sturm, beide auch Partner des Instituts, haben kürzlich die Studie und die daraus gewonnenen Erkenntnisse in einer Gastvorlesung am Institut für Versicherungswissenschaften an der Uni Ulm vorgestellt. Melchiors ist vielen noch bekannt aus seiner vorherigen Tätigkeit als Vorstand beim Pensions-Sicherungs-Verein (PSV), die er im April 2021 nie- dergelegt hat, Sturm lebt und arbeitet als Unternehmens- berater in der Schweiz. Lesenswert ist die Studie sowohl für Anbieter von Vorsor- geprodukten als auch für Politiker. Prof. An Chen, Leiterin des Instituts für Versicherungswissenschaften an der Uni Ulm, erklärt dazu: „Privatwirtschaftliche Versicherungspro- dukte müssen jeweils zum Angebot der gesetzlichen und betrieblichen Vorsorge passen, da sie diese oft ergänzen sollen.Daher ist es wichtig, sich mit den bestehenden Alters- vorsorgesystemen auseinanderzusetzen.“ Für Politiker ist die Beschäftigung mit solchen Untersuchungen relevant, damit sie die bestehenden Altersvorsorgesysteme besser weiter- entwickeln und an die jeweiligen Herausforderungen anpas- sen können. Erfahrungen mit Kapitaldeckung Beim Vergleich von Altersvorsorgesystemen stellt sich als Erstes die große Systemfrage: Kapitaldeckung oder Umlage- verfahren? Deutschland unternimmt aktuell mit der Einfüh- rung der Aktienrente einen ersten Schritt hin zu einer zu- sätzlichen Kapitaldeckung, die das grundsätzliche Umlage- system, nach dem die erste Säule der Altersvorsorge funk- tioniert, ergänzen soll. Schweden hat seinen großen Systemwechsel vom Umla- ge- zu einem Mischsystem bereits Ende der 1980er-Jahre in die Wege geleitet und wird dafür zu Recht häufig als großes Vorbild bei der Altersvorsorge gesehen. „Hinsichtlich einer Das Institut Wirtschaft und Gesellschaft hat kürzlich die Altersvorsorgesysteme aus sechs europäischen Ländern untersucht und stellt die jeweiligen Besonderheiten heraus. So lässt sich feststellen: Was läuft anderswo gut, und welche Erfahrungen ersparen wir uns lieber? Best of Altersvorsorge 152 N o . 2/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Europäische Rentensysteme FOTO: © RENE-LAHN.DE Der demografische Wandel stellt für al- le europäische Staa- ten eine große He- rausforderung dar. » Im Verhältnis zum BIP sind die Kosten für das Rentensystem in Frankreich bei Weitem am höchsten. « Hans Melchiors, Leiter der Studie und einer der drei Partner beim Institut „Wirtschaft und Gesellschaft“

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