Institutional Money, Ausgabe 2 | 2024

besondere angesichts des Bedarfs an mehr Investmentkapital, um die angestrebten Netto-Null-Ziele zu erreichen. Siebtens: Es gibt eine Menge von nicht gemanagten Assets und insbesondere den Drang, Cash zu halten. Durch die Zinserhöhungen und die Marktvolatilität in den Jahren 2022 und 2023 ist der Anteil der nicht verwalteten Finanz- vermögen seit 2021 um etwa zwei Prozentpunkte gestiegen. Das gesamte nicht verwaltete Vermögen beträgt mittlerweile knapp 70 Billionen Euro und macht 73 Prozent des gesam- ten Finanzvermögens aus. Wenn die Zentralbanken die Zinssätze – vielleicht später in diesem Jahr – senken, wird es Chancen im Hinblick auf das an der Seitenlinie stehende Cash von etwa 22 Billionen Euro – rund 20 Billionen Euro an Einlagen und zwei Billionen Euro in Geldmarktfonds – für die Branche geben. Achtens: Generative KI wird der Produktivität einen Schub verleihen. Jüngsten Untersuchungen zufolge beläuft sich der Gesamtwert der Assets, die für die Asset-Manage- ment-Branche durch traditionelle und generative KI auf dem Spiel stehen, auf etwa 60 Milliarden US-Dollar. Ver- mögensverwalter werden aufgefordert, sich des Potenzials bewusst zu sein, das sich aus den vier Cs – Content-Synthese, Coding, Creative-Content-Generierung und Customer En- gagement – gewinnen lässt. Gesprochen wird von Produk- tivitätssteigerungen von bis zu 80 Prozent bei der Content- Gewinnung, etwa im Investmentresearch und bei Kunden- berichten. Leader auf diesem Gebiet gehen noch weiter in Richtung Transformation von Bereichen wie dem Middle- und Backoffice. Allerdings müssen die Risiken bewertet und angesprochen werden, bevor KI-Tools in größeremMaßstab eingeführt werden können. Neuntens: Nach Jahren der Unsicherheit wächst der Konsolidierungsdruck. Dieser Druck nimmt als Reaktion auf die geringe Effizienz zu, wobei das durchschnittliche Kosten-Ertrags-Verhältnis westeuropäischer Vermögens- verwalter seit 2021 immerhin um neun Prozentpunkte gestiegen ist (von 56 auf 65 Prozent). Das kann man der McKinsey Performance Lens Global Asset Management Sur- vey 2023 entnehmen. Weltweit befanden sich jedoch die M&A-Aktivitäten bei Asset Managern im Jahr 2023 auf dem niedrigsten Stand seit 2016 (siehe Grafik „M&A mit viel Luft nach oben“). Insgesamt gab es 98 Deals, darunter 73 mit alternativen Asset Managern, wie die US-Investmentbank Piper Sandler feststellte.Die Verlangsamung erfolgte in einer Zeit der Unsicherheit und höherer Kapitalkosten,was darauf hindeutet, dass die M&A-Aktivitäten zunehmen könnten, wenn sich das Vertrauen in die mittelfristigen Wirtschafts- aussichten bessert. Unterdessen werden die Auswirkungen der Zinssenkungen auf das Transaktionswachstum vom Umfang und Tempo der Entscheidungen der wichtigsten Zentralbanken beeinflusst. Spreu vom Weizen getrennt Zusammenfassend gesagt haben europäische Vermögensver- walter an verschiedenen Flanken zu kämpfen. Da sind ein- mal die Gewinnrückgänge, dazu kommen eine wachsende Kluft zwischen den Besten und dem Rest, der Vormarsch passiver Anlageprodukte in Jahren hoher Marktvolatilität und unterschiedliche Wachstumsdynamiken in den Privat- märkten und bei ESG-Investments. Christian Zahn, Partner bei McKinsey und Co-Leiter der European Wealth & Asset Management Practice, hält fest: „Die grundlegenden Wachs- tumstreiber für die Industrie bleiben unverändert, jedoch beobachten wir wichtige strukturelle Verschiebungen. Ob wir das Ende eines Zyklus oder den Beginn einer neuen Ära sehen, ist noch nicht eindeutig, aber die gegenwärtigen Ten- denzen und die unterschiedlichen relativen Entwicklungen der führenden Marktteilnehmer beziehungsweise der schwä- cheren Mitbewerber verdeutlichen, dass es einigen Institu- tionen gelingt, das Umfeld durch strategische Entscheidun- gen zu ihren Gunsten zu nutzen. Tatsächlich bietet die Aus- schöpfung von Konsolidierungsdynamiken oder des GenAI- Potenzials bei gleichzeitigem aktivem Kostenmanagement Chancen für alle. In der DACH-Region liegen vergleichbare Entwicklungen vor, auch wenn sich die Rahmenbedingun- gen insbesondere in Deutschland und der Schweiz unter- scheiden.“ DR. KURT BECKER M&A mit viel Luft nach oben Profis rechnen mit einem anziehenden M&A-Geschäft. Seit 2016 war die Anzahl der Mergers & Acquisitions (inklusive Minderheitsbeteili- gungen) nicht mehr so niedrig. Sinkende Zinsen, bessere Wirtschaftsaussichten und der Kostendruck könnten die Zahl der Deals aber wieder in die Höhe bringen. Quelle: Piper Sandler, McKinsey 0 25 50 75 100 125 150 2023 2022 2021 2020 2019 2018 2017 2016 Anzahl der Transaktionen 100 132 154 122 106 150 122 98 N o . 2/2024 | institutional-money.com 151 McKinsey-Asset-Manager-Studie | THEORIE & PRAXIS » Ob wir das Ende eines Zyklus oder den Beginn einer neuen Ära sehen, ist noch nicht eindeutig entschieden. « Christian Zahn, Partner bei McKinsey und Co-Leiter der European Wealth & Asset Management Practice, Zürich

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