Institutional Money, Ausgabe 2 | 2024

positive Überraschungen. Entsprechend verhalten sich auch die Aktienrenditen dieser Firmen. Umgekehrt neigen Mana- ger von Unternehmen, deren Aktien zuletzt schlecht per- formt haben, dazu, als Ausgleich dafür besonders optimisti- sche Prognosen abzugeben. Das schreiben Nils Lohmeier und Hannes Mohrschladt (beide Universität Münster) in ihrem aktuellen Paper „A Catering Theory of Earnings Guidance: Empirical Evidence and Stock Market Implica- tions“. Die Forscher zeigen analytisch und empirisch, dass der Bias in den Prognosen systematisch ist und auf oppor- tunistischem Handeln basiert. Durch das Management der Markterwartungen wird vorübergehend Einfluss auf die Börsenkurse genommen. Der Effekt wird erst bereinigt, wenn die tatsächlichen Zahlen bekannt gegeben werden. Gleichzeitig können dann aber wiederum verzerrte Pro- gnosen abgegeben werden, um das Spiel fortzusetzen. Die Wogen glätten Das Modell von Nils Lohmeier und Hannes Mohrschladt basiert auf einem einfachen Grundsatz. Dieser besagt, dass Manager mit ihren Prognosen versuchen, gegenzusteuern und die Wogen zu glätten. Deshalb geben sie besonders optimistische Einschätzungen ab, nachdem Anleger schlech- te Renditen erlebt haben. Umgekehrt sind die Prognosen nach Phasen mit hohen Renditen relativ zu den später tat- sächlich berichteten Zahlen etwas zu pessimistisch. Das Motiv der Manager dürfte in diesem Fall sein, bis zum Stich- tag etwas Luft für gute Nachrichten in Reserve zu haben (siehe Grafik „Management der Erwartungen“). Um das Modell empirisch zu testen, verwenden die Autoren ein Maß für den Überhang an Kapitalgewinnen. Dieses spiegelt die Aktienrendite des durchschnittlichen Anlegers wider, die anhand der vergangenen Kurse und Umsätze geschätzt wird. Gemäß der Referenzpreis- bezie- hungsweise Ankertheorie bewerten Anleger ihre Invest- ments je nachdem, ob sie gegenüber ihrem Kaufkurs im Gewinn oder im Verlust liegen, unterschiedlich. Deshalb sollte der Überhang an Kapitalgewinnen die Richtung und die Stärke voraussagen, mit der Manager bei ihren Progno- sen gegensteuern. Abgeglichen wird das Ganze mit IBES- Daten, aus denen der Guidance Bias berechnet wird. Dieser ist die Differenz zwischen prognostiziertem und später tat- sächlich realisiertem Gewinn pro Aktie, geteilt durch den Aktienkurs zu Beginn des Geschäftsjahres.Die Autoren kon- zentrieren sich dabei auf die erste Prognose für das entspre- chende Geschäftsjahr, da das Management hier den größten Hebel zur Steuerung der Zukunftserwartungen hat. Außer- dem müssen die Prognosen ausreichend genau sein, sodass nur Punkt- und Bandbreitenschätzungen einbezogen wer- den. Betrachtet wird eine große, bereinigte Stichprobe von US-Aktien im Zeitraum von Februar 2002 bis Februar 2019. Ergebnisse Die empirischen Untersuchungen bestätigen das Modell. Demnach weisen Firmen, deren Aktien im niedrigsten Quintil an Kapitalgewinnüberhang sind (also mit den höchsten Kursverlusten), einen durchschnittlichen Guidance Bias von 0,69 Prozent auf. Das bedeutet, dass die künftigen Gewinne deutlich überschätzt werden. Im Gegensatz dazu tendieren Manager von Unternehmen, deren Aktien im höchsten Quintil sind, dazu, die Gewinne zu unterschätzen. Management der Erwartungen Optimistische Prognose als Ausgleich für Minusrenditen vs. Understatement Das Modell zeigt den Zusammenhang zwischen der mittleren Anlegerrendite und dem optimalen Guidance Bias aus Sicht des Managements. Nach Minusrenditen dient ein über- mäßig optimistischer Ausblick als Kompensation, während man nach positiven Renditen auf Understatement setzt, um einen Puffer für positive Überraschungen zu schaffen. Neben weiteren Variablen spielen die potenziellen Kosten beziehungsweise Risiken einer verzerrten Prognose eine Rolle. Sind diese niedriger, resultiert ein entsprechend stärkerer Guidance Bias. Quelle: Lohmeier, N. / Mohrschladt, H. (2024), A Catering Theory of Earnings Guidance, S. 14 -20 % -15 % -10 % -5 % 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % -5 0 5 10 15 20 Niedrigere Kosten Baseline-Szenario Optimaler Guidance Bias Durchschnittliche Anlegerrendite Das sogenannte Earnings Management ist nach wie vor eine Grauzone, die Grenze zwischen vertretbaren Eingriffen und bewusster Manipulation der zu erwartenden Zahlen ist fließend. N o . 2/2024 | institutional-money.com 141 Kursverluste-Optimismus | THEORIE & PRAXIS FOTO: © KIMLY | STOCK.ADOBE.COM | GENERIERT MIT KI

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=