Institutional Money, Ausgabe 2 | 2024

N iemand ist besser darüber informiert, wie gut oder schlecht das Geschäft läuft und in welche Richtung es sich entwickelt, als der Vorstand einer Firma. Dessen Hauptaufgabe besteht schließlich darin, die Produkte oder Dienstleistungen bestmöglich amMarkt zu positionieren und dafür zu sorgen, dass man unterm Strich erfolgreich wirtschaftet. Das Management ist aber nicht unter allen Umständen daran interessiert, den tatsäch- lich zu erwartenden Verlauf des zukünftigen operativen Ge- schäfts möglichst realistisch bekannt zu geben. Dabei geht es vor allem darum, Schwankungen von Quartal zu Quartal zu reduzieren. Analysten und Aktionären sollen möglichst stabile Gewinne präsentiert werden, um die Erwartungen des Marktes zu erfüllen und letztlich auch den eigenen Job zu sichern. Das Management kann dazu gewisse Vorschrif- ten und Praktiken in der Rechnungslegung auf die eine oder andere Art und Weise auslegen, was einen entsprechen- den Handlungsspielraum eröffnet. Allerdings ist dieses Pro- zedere, das auch als Earnings Management bezeichnet wird, eine Grauzone.Denn die Grenze zwischen vertretbaren Ein- griffen und bewusster Manipulation der Zahlen ist fließend. Hinzu kommt, dass die Manager durchaus Anreize haben, über das Ziel hinauszuschießen – zum Beispiel wenn sie über Bonuszahlungen oder Aktienoptionen kurzfristig von besseren Zahlen profitieren. Das könnte die wahre Ge- schäftsentwicklung verschleiern und Anleger in die Irre füh- ren. In der Vergangenheit gab es Fälle, in denen besonders kreatives beziehungsweise manipulatives Earnings Manage- ment erst viel zu spät ans Licht kam. Entsprechend wach- sam sind heute die Aufsichtsbehörden, ein übermäßiges Ausnutzen von Gestaltungsspielräumen zu erkennen und gegebenenfalls zu sanktionieren. Plan B: Guidance Management Viele Manager sind deshalb von sich aus vorsichtiger gewor- den, ihre Spielräume beim Earnings Management auszurei- zen.Die Erfahrung hat gezeigt, dass allein der Verdacht einer Manipulation zu einem Vertrauensverlust und empfindli- chen Kurseinbußen führen kann. Stattdessen wird zuneh- mend das sogenannte Guidance Management genutzt, das weniger Gefahren birgt. Dabei werden nicht die Gewinne selbst, sondern die Erwartungen für die weitere Geschäfts- entwicklung und damit die Gewinnprognosen beeinflusst. Dieser Kanal ist nicht zu unterschätzen. Schließlich sind die Märkte von Natur aus stark zukunftsgerichtet. Aus Sicht der Kapitalmarkttheorie könnten akkurate Prognosen des Managements über die erwartete Geschäftsentwicklung zu effizienteren Aktienkursen führen, indem diese Informatio- nen früher eingepreist werden. Allerdings darf man nicht vergessen, dass hierbei Menschen am Werk sind, die gewis- sen Anreizen unterliegen. Die zukunftsbezogenen Aussagen könnten also einen Bias aufweisen, was die Markteffizienz beeinträchtigen statt verbessern würde. Ein solcher Bias kann in beide Richtungen bestehen.Wie aus der Studie „Expectations Management and Stock Re- turns“ von Travis Johnson (University of Texas), Jinhwan Kim (Stanford University) und Eric So (MIT) hervorgeht, gibt es eine Reihe von Unternehmen, die dämpfend auf die Erwartungen einwirken. In der Folge sind diese bei Bekannt- gabe der Zahlen leichter zu schlagen und sorgen eher für Früher wurden von Unternehmen Kennzahlen mitunter geschönt, heute ist dies aus rechtlichen Gründen kaum mehr möglich. Bei Prognosen sieht die Sache anders aus. Wie eine Studie zeigt, sind diese nach hohen Kursverlusten tendenziell zu positiv. Rosige Ausblicke 140 N o . 2/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Kursverluste-Optimismus FOTO: © UNIVERSITY OF MÜNSTER (2) Zukunftsbezogene Aussagen könnten einen Bias aufwei- sen, was die Markt- effizienz beeinträch- tigen würde. » Vorschriften haben den kreativen Spielraum in der Rechnungslegung erheblich verringert. « Hannes Mohrschladt, School of Business & Economics, University of Münster » Infolge schlechter Aktienrenditen gibt das Management zu optimistische Prognosen ab. « Nils Lohmeier, School of Business & Economics, University of Münster

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