Institutional Money, Ausgabe 2 | 2024

Outlook (WEO) vom Januar 2023. Diese Projektion hätte einen Höchststand der Zinssätze von etwa 3,7 Prozent im ersten Quartal 2024 ergeben. Diese Basisprognose für den Einlagenzinssatz lag höher als die damalige Marktpreisbil- dung der künftigen Zinssätze, die bei 3,3 Prozent gipfelten. In der Simulation fällt die Inflation 2023, bleibt aber auch 2025 noch leicht über dem Ziel. Starke Reaktion Im Vergleich zum tatsächlichen historischen Verlauf zeich- net sich ein Szenario unter Anwendung der robusten Regel durch eine stärkere Reaktion auf die Inflation, eine schwä- chere Gesamtreaktion auf die Konjunkturentwicklung und einen höheren Glättungsgrad aus.Wendet man die robuste Regel auf die WEO-Basisprognose vom Januar 2023 an, stellt man fest, dass die Zinsen schneller angehoben werden und deutlich höher gipfeln. Im Vergleich zum Referenzfall, der auf der WEO-Prognose basiert, erreicht der Leitzins 4,3 statt 3,7 Prozent. Infolgedessen sinkt die Inflation in der Simulation schneller und erreicht das EZB-Ziel von 2,0 Pro- zent noch vor Ende 2024. In diesem Szenario könnten die Zinsen ab 2024 gelockert werden, weil die Inflation sich dem Zwei-Prozent-Ziel angenähert hat, statt ein Plateau zu bilden, wie das gegenwärtig der Fall ist. „Dies bedeutet, dass ein Zentralbanker in einer Situation, in der die Inflations- persistenz sehr unsicher ist, die Geldpolitik stärker straffen sollte, als es die Basisprognose nahelegt“, schlussfolgern die Autoren – obwohl: eigentlich nicht ganz. Denn noch fehlt das Fazit des IWF-Papers. Desaströses Fazit Und hier steht Bemerkenswertes: „Die Notenbank ist unter Umständen jedenfalls dazu gezwungen, die Zinsen signifi- kant und über einen längeren Zeitraum hinaus anzuheben. Allerdings könnte auch das Gegenteil der Fall sein.“Womit das Paper de facto endet. Was wiederum hoch problema- tisch ist. Das Research eines der weltweit wichtigsten Insti- tute gibt ein Paper heraus, in dem es die Notenbanken explizit zu einer straffen Geldpolitik auffordert, nur um am Ende zu sagen, dass genauso gut das Gegenteil der ge- wünschten Effekte eintreten kann – das allerdings mit den entsprechenden negativen Auswirkungen auf die Gesamt- wirtschaft.Womit man sich an dieser Stelle einmal mehr an die Aussage von MIT-Legende Olivier Blanchard erinnert: „Die Notenbanken verfügen nicht über das notwendige Instrumentarium zur Inflationsbekämpfung.“ Sehr wohl aber über das notwendige Instrumentarium, um eine Volks- wirtschaft zu schwächen. HANS WEITMAYR Geldpolitische Szenarien, wenn Unsicherheit bezüglich Inflation besteht In beiden Fällen sind sich die Notenbanken nicht sicher, ob die Teuerung vorübergehend oder hartnäckig ist. Im oberen Szenario etabliert sich eine hartnäckige Inflation. Reagieren die Notenbanken von Anfang an entsprechend entschlossen – also „robust“ –, gerät die Inflation rasch unter Kontrolle – das allerdings um den Preis einer relativ gesehen höheren Produktionslücke. Im unteren Szenario werden optimale und robuste geldpolitische Maßnahmen in einem moderaten Inflationsumfeld gegenübergestellt. Quelle: IWF 0 % 1 % 2 % 3 % -4 % -3 % -2 % -1 % 0 % -2 % 0 % 2 % 4 % 6 % 0,0 % 0,5 % 1,0 % 1,5 % 2,0 % 2,5 % -3 % -2 % -1 % 0 % 0 % 1 % 2 % 3 % 4 % 5 % Inflation hoch persistent; Notenbanken mit moderater Einschätzung; Kurskorrektur der Notenbanken nachdem Irrtum bemerkt wird Inflation moderat persistent; Unterschied optimale und robuste Geldpolitik Geldpolitik nach Fehler NBs warten zu Robuste Geldpolitik Optimale Geldpolitik Robuste Geldpolitik Quartale nach Schock Quartale nach Schock Quartale nach Schock Quartale nach Schock Inflation Produktionslücke Leitzins Inflation Produktionslücke Leitzins Quartale nach Schock Quartale nach Schock 0 20 10 0 20 10 0 20 10 0 20 10 0 20 10 0 20 10 128 N o . 2/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Euro-Leitzins und Inflation Link zum Exklusiv- Interview mit Olivier Blanchard: im-online.com/ ITV224

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