Institutional Money, Ausgabe 1 | 2024

W ährend eine gar nicht so kleine Gruppe von Marktteilnehmern der Überzeugung ist, dass es gar keine Risikoprämie im Währungs- bereich gibt, überlassen andere die mögliche Generierung derselben einemOverlay-Manager, der innerhalb definierter Risikobudgetgrenzen versucht, zusätzliches Alpha zu gene- rieren. Auf dem schwierigen Feld taucht nun neben Risiko- faktoren wie Momentum, Carry und Value ein neuer auf, nämlich die kreditimplizierte Risikoprämie. Ausgangspunkt der Überlegungen eines Teams von Kapi- talmarktforschern um Pasquale Della Corte vom Imperial College London ist die Tatsache, dass Investoren, die inter- nationale Staatsanleihen halten, mit zwei großen Risiko- quellen konfrontiert sind. Solche Anlagen bergen erstens das Risiko einer möglichen Abwertung der Landeswährung und zweitens das Risiko eines Wertverlusts von Anleihen aufgrund einer Verschlechterung der Kreditwürdigkeit des Staates in sich. Diese Risikoquellen sind zudem eng mit- einander verflochten, da Staatsbankrotte häufig mit einer starken Währungsabwertung einhergehen. So zeigte bei- spielsweise Carmen Reinhart 2002 in „Default, Currency Crises and Sovereign Credit Ratings“, publiziert in einer Ausgabe des World Bank Economic Review, dass die Wahr- scheinlichkeit einer kräftigen Währungsabwertung um einen Staatsbankrott herum bei 84 Prozent liegt, wobei sie 58 Krisenfälle zwischen 1970 und 2002 untersuchte. Seun- ghoon Na, Stephanie Schmitt-Grohé, Martín Uribe und Vivian Yue analysierten 2018 in „The Twin Ds: Optimal Default and Devaluation“, publiziert 2018 in der American Economic Review, Daten von 70 Ländern über den Zeit- raum von 1975 bis 2013 und kamen zum Schluss, dass der Medianwert der Währungsabwertung in den drei Jahren um den Bankrott bei 45 Prozent liegt. Außerdem hat diese Wechselwirkung grundlegende Auswirkungen auf die Ver- mögenspreisbildung für Anleger, da solche Ereignisse ten- denziell in wirtschaftlich schlechten Zeiten auftreten. Man kann davon ausgehen, dass Währungen, bei denen in Zeiten eines Zahlungsausfalls eine starke Abwertung erwartet wird, besonders riskant sind und höhere Überrenditen liefern müssten. Es fehlt jedoch eine theoretisch abgesicherte Maß- zahl für die Risikoprämie, die mit der engen Beziehung von Staatspleite und Währungsabwertung in Verbindung steht, genauso wie ein empirischer Nachweis dafür, dass diese Kennzahl Auswirkungen auf die Vorhersagbarkeit der Wech- selkursentwicklung aufweist. CDS-Vergleich Hier setzen nun Pasquale Della Corte und seine Kollegen Alexandre Jeanneret sowie Ella D. S. Patelli an, indem sie eine Theorie entwickeln, die eine neue Komponente für die Prognostizierbarkeit von Wechselkursen enthält, die sie kreditimplizierte Risikoprämie nennen. Diese Komponente ergänzt die quanto-implizierte Risikoprämie, die Lukas Kremens und Ian Martin 2019 in „The Quanto Theory of Exchange Rates“ vorstellten und auf der die Arbeit von Della Corte und Kollegen aufbaut. Während die quanto- implizierte Risikoprämie die erwartete Kovarianz zwischen Währungsrenditen und häufigen, aber kleinen Änderungen der US-Marktbedingungen erfasst, spiegelt die kreditimpli- zierte Risikoprämie die Erwartungen der Investoren hin- sichtlich großer Währungsbewegungen in Zeiten seltener, aber schwerwiegender Ereignisse im Ausland wie zum Bei- spiel eines Staatsbankrotts wider. Diese Risikoprämie ent- schädigt Investoren für eine defaultbedingte Währungs- abwertung, die über das hinausgeht, was durch die traditio- nelle ungedeckte Zinsparitätsbedingung prognostiziert wird. Zweitens entwickeln Della Corte, Jeanneret und Patelli eine Währungsstrategie, die den Informationsgehalt des neuen Die Vorhersage von Wechselkursentwicklungen gilt seit jeher als äußerst schwieriges Unterfangen. Bessere Prognosequalität verspricht nun eine kreditbasierte Theorie der Währungsrisikoprämie. Wechselkursprognose reloaded 96 N o . 1/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Wechselkursprognosen FOTO: © IMPERIAL COLLEGE LONDON » Mit der kreditimplizierten Risikoprämie als neuer Prognosevariable lässt sich der USD/EUR-Wechselkurs vorhersagen. « Dr. Pasquale Della Corte, Associate Prof. of Finance, Imperial Col- lege London; Research Fellow, Centre for Economic Policy Research

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