Institutional Money, Ausgabe 1 | 2024

sie stellt einen großen, oft irreversiblen Kapitalwert dar, der nur für einen einzigen Zweck verwendet werden kann. Die- se Gemengelage kann dazu führen, dass sich der Blick des Investors verengt und auf dieses Asset konzentriert, das er besitzt, sodass er nicht nach adäquaten Benchmarks oder Referenzeigenschaften sucht, die in der gesamten Anlage- klasse vorhanden sind und seine Sicht auf diese Vermögens- werte vertiefen könnten. Mit anderen Worten: Investoren laufen Gefahr, Infrastrukturinvestitionen möglicherweise aus- schließlich aus einer „absoluten“ Perspektive ohne Einbet- tung in einen weiteren Kontext zu betrachten: Das Infra- struktur-Asset wird dann zu einem Sonderfall, der wenig bis gar keinen Platz für einen Vergleich übrig lässt. Diese Form der Selbstreferenzierung oder des „absoluten Denkens“ kann hochgradig irreführend sein und dazu füh- ren, dass Anleger das berühmte „Big Picture“ und die Wert- treiber der privaten Infrastrukturinvestitionen übersehen. Die Wichtigkeit, eine Trophäe in dieser Assetklasse zu besit- zen, und die damit häufig verbundene Faszination, die von diesen Real Assets ausgeht, können das Urteilsvermögen ansonsten erfahrener Investoren trüben. Auch hier ist im Übrigen eine Parallele zu Signa-Prime-Immobilien auszuma- chen, deren Prestige ansonsten hartgesottenen Investoren den Blick auf die Hard Facts vernebelte. Vergleichbarkeit EDHEC lässt sich davon in der Aufarbeitung der Malaise des Falls Thames Water nicht beeinflussen. Den Experten zufolge hätte eine Reihe angemessener relativer Betrachtun- gen schon vor Jahren ergeben, dass das Asset in einem schlechten Zustand ist. Diese Idee der Vergleichbarkeit von Infrastrukturanlagen ist in der Taxonomie von Infrastruktur- investitionen des Infrastructure Company Classification Standards (TICCS) verankert: TICCS kategorisiert Infra- strukturunternehmen nach Gruppen von Geschäftsmodel- len und industriellen Aktivitäten (Designs und Technolo- gien), Arten von Unternehmensstrukturen und geoökono- mischen Risiken.Während jedes Unternehmen einzigartige Merkmale beibehält, ähneln sich Infrastrukturanlagen, die einer TICCS-Klasse angehören, doch mehr, als sie sich voneinander unterscheiden, insbesondere im Vergleich zu Anlagen in anderen TICCS-Klassen. Daher gehören einige Wasserunternehmen wie Thames Water zur Klasse der Netz- werkversorger (IC80), die bestimmte wirtschaftliche Merk- male wie steigende Skalenerträge, hohe Eintrittsbarrieren und anderes mehr aufweisen und in der Regel einer Form der wirtschaftlichen Regulierung unterliegen. Die EDHEC- Experten sind der festen Überzeugung, dass man eine ver- gleichende oder relative Sicht auf Infrastrukturinvestitionen einnehmen kann, so einzigartig und eigenwillig Infrastruk- tur-Assets auch sein mögen. Vorteile der relativen Betrachtung Eine relative Betrachtung von Infrastrukturanlagen kann Investoren zumindest in zweierlei Hinsicht dienen: Erstens ermöglicht ein Benchmarking der Merkmale von Infrastruk- turanlagen ein viel besseres Verständnis ihrer Charakteristika, insbesondere im Hinblick auf deren Risikoprofil. Für sich genommen ist ein einzelnes Asset oft eher eine Story als eine harte quantitative Prüfung auf Herz und Nieren. Da Infrastrukturanlagen groß und illiquide sind, kann es zudem schwierig sein, sich nach der Investition nicht „in die eigene Position zu verlieben“. Schließlich ist es ja schwierig, sie ein- fach oder schnell zu ändern. Ein detailliertes Verständnis da- von, wie ein Portfolio im Vergleich zum Anlageuniversum tatsächlich aussieht, ist jedoch ein wichtiger Ausgangspunkt für ein besseres Management der Risiken dieses Portfolios. Zweitens ist die relative Sichtweise für einen Investor die einzige Möglichkeit, das zu tun, was er am besten kann: zwischen Assets und Anlageklassen zu arbitrieren. Von der Vermögensallokationsphase bis hin zu jeder einzelnen In- vestitionsentscheidung ist die Auswahl von Infrastrukturin- vestitionen nur im Hinblick auf bestimmte Anlageziele auf Infrastruktur- und Gesamtportfolioebene sinnvoll. Bedingungen Für eine relative Betrachtung sind natürlich repräsentative und belastbare Informationen erforderlich, um Benchmarks und Referenzpunkte zu erstellen, anhand derer die Risiken und die Performance von Infrastrukturanlagen verglichen werden können.Wenn diese Informationen verfügbar sind, können Investoren die Art der von ihnen getätigten Investi- tion wirklich verstehen, da sie diese mit der richtigen Bench- mark vergleichen können. Was hätten Investoren von Thames Water also über ihre eigene Investition und deren Risikoniveau, dem sie ausgesetzt waren, erfahren, wenn sie eine solche vergleichende beziehungsweise relative Sicht auf dieses Unternehmen eingenommen hätten? EDHEC argu- mentiert, dass Thames Water zwar ein großes und einzig- artiges Asset darstellt, ein natürliches Monopol besitzt und Markt-WACC von Thames Water im Vergleich Die Marktkapitalkosten von Thames Water waren höher als jene der Peergroups. Gegenüber den Aggregaten der britischen, europäischen und globalen Versorger sind die Marktkapitalkosten von Thames Water in den letzten Jahren eindeutig höher. Das ist dem veränderten (= erhöhten) Risikoprofil des Unternehmens geschuldet. Quelle: EDHEC infraMetrics 2016 2018 2020 2022 2024 2015 2017 2019 2021 2023 2,5 % 5,0 % 7,5 % 10,0 % 12,5 % WACC Thames Water Global Utilities Europe Utilities UK Utilities 90 N o . 1/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Infrastrukturinvestment-Risiken

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=