Institutional Money, Ausgabe 1 | 2024

I nfrastruktur- und Immobilieninvestments haben eini- ges gemeinsam: Beide gelten als Low Risk Play, das mit netten Illiquiditätsprämien für jahrelanges Stillhalten belohnt wird. Das aber nur, wenn beispielsweise nicht zu viel Leverage im Spiel ist, der bei Zinserhöhungen und Spread-Ausweitungen verdammt teuer kommen kann, oder auch wenn zu viel ausgeschüttet und zu wenig in das eigent- liche Geschäft investiert wird. Was mancher Institutionelle bei Immobilien von China bis Mitteleuropa – Stichwort Signa-Gruppe – leidvoll erfahren musste, das widerfuhr vielen Pensionsfonds auch bei einem Infrastrukturinvest- ment in Großbritannien, namentlich jenem in den Wasser- versorger Thames Water und dessen Holdinggesellschaft Kemble Water. Wasserversorger gelten gemeinhin als Sinnbild einer Investition in stabile und prognostizierte Cashflows der Anlageklasse Infrastruktur, doch hier kam alles ganz anders: Im Dezember 2022 musste eine Wertminderung von fast 30 Prozent durchgeführt werden, woraus sich für institutio- nelle Investoren – darunter britische, japanische und kana- dische Pensionsfonds – ein plötzlicher und unerwarteter Verlust von etwa 1,5 Milliarden Pfund realisierte. Nicht nur dass es Ende 2022 zu dieser ersten kräftigen Abwertung gekommen war, schraubten nur neun Monate zuvor, also im März 2022, die Investoren die Bewertungen in ihren Büchern sogar noch höher. Warren Buffetts Ausspruch, wonach „… man erst bei Ebbe sieht, wer die ganze Zeit über ohne Badehose geschwommen ist“ , bewahrheitete sich kürzlich beim Infrastrukturinvestment Thames Water. Eine teure Lehrstunde. Auf dem Trockenen Showdown droht Nach der Privatisierung unter Margaret Thatcher droht nun sogar die Renationalisierung bei Thames Water. W ie im Januar 2024 bekannt wurde, verlor Thames Water 2023 fast zwei Drittel seines Werts, da der angeschlagene Versorgungskonzern unter der Last seiner Schulden kurz vor dem Zusam- menbruch stand, wie Zahlen seines zweitgrößten Aktionärs zeigen. Dabei handelt es sich um die Church Water Investment, die 2017 20 Prozent der Thames- Mutter Kemble Water Holdings erwarb und seither keine Dividenden erhalten hat. Church Water hat den Wert der Beteiligung laut Jahresabschluss um 62 Pro- zent abgeschrieben. Dabei handelt es sich um das Anlagevehikel für das Universities Superannuation Scheme (USS), den größten privaten Pensionsfonds Großbritanniens, der die Altersversorgung britischer Universitätslehrer besorgt und über ein verwaltetes Vermögen von 75 Milliarden Pfund verfügt. Die Ab- schreibung für USS belief sich laut Bloomberg News auf 591 Millionen Pfund und impliziert, dass das Thames-Water-Geschäft, das USS im März 2022 noch mit fast fünf Milliarden Pfund bewertete, ein Jahr später nur noch 1,9 Milliarden Pfund wert war. Die Hol- dinggesellschaft Kemble kämpft ums Überleben. Kürz- lich warnte der Wirtschaftsprüfer vor erheblichen Unsicherheiten betreffend die Fortführung des Kon- zerns, da er möglicherweise nicht in der Lage sein könnte, einen Kredit in Höhe von 190 Millionen Pfund bei einer von mehreren Kemble-Tochtergesellschaften zu refinanzieren. USS hat eine Kapitalspritze zugesi- chert und erklärt, man wolle als Langfristinvestor en- gagiert bleiben. Ein Scheitern der Sanierungsbemü- hungen könnte eine Insolvenz von Kemble auslösen und dazu führen, dass Thames Water als Betreiberge- sellschaft unter die Kontrolle der Branchenregulie- rungsbehörde Ofwat (Office for Water Services) fällt. Angesichts der hohen Verschuldung und mangelnder Investitionstätigkeit in Kläranlagen und die Schließung von Wasserleitungslecks steht also sogar eine tempo- räre Verstaatlichung im Raum. Thames versorgt 16 Mil- lionen Menschen im Süden Englands mit Wasser. 88 N o . 1/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Infrastrukturinvestment-Risiken FOTO: © EDHEC BUSINESS SCHOOL, MULDERPHOTO | STOCK.ADOBE.COM » Der Fall Thames Water zeigt die Wichtigkeit einer vergleichenden Sichtweise bei der Bewertung auf. « Tim Whittaker, Research Director, Head of Data beim EDHEC Infrastructure & Private Assets Research Institute

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