Institutional Money, Ausgabe 1 | 2024

auf einer (Long- oder Short-)Seite eine aggressive Haltung und auf der anderen eine eher passive Haltung einnehmen. Das Hauptziel der Autoren ist es, einen Rahmen für die Konstruktion von Faktorportfolios zu etablieren, der eine dem jeweiligen Merkmal entsprechende spezifische Behand- lung vorsieht und eine klare Interpretierbarkeit der zugrun- de liegenden Modellparameter ermöglicht. In Bezug auf die Merkmale haben mehrere Studien durchweg den asymme- trischen Einfluss der Long- und Short-Seite auf die Perfor- mance des Faktorportfolios betont. Darüber hinaus wurde von Kapitalmarktforschern mehrfach festgestellt, dass viele in der Literatur dokumentierte Merkmale zu einer unbe- deutenden Performance führen, wenn man die traditionelle Portfoliokonstruktionsmethode als gegeben annimmt. Es ist jedoch anzumerken, dass geringfügige Änderungen in der Faktorkonstruktion zu deutlich anderen Schlussfolgerungen über die Faktorsignifikanz führen können. Zu nennen sind hier das Paper mit dem Titel „Is There a Replication Crisis in Finance?“ von Theis Ingerslev Jensen, Bryan T. Kelly und Lasse Heje Pedersen von 2021 oder auch „Non-Standard Errors in Asset Pricing: Mind Your Sorts“, publiziert von Amar Soebhag, Bart van Vliet und Patrick Verwijmeren im Jahr 2023. Daraus ist ersichtlich, dass die Portfoliokonstruk- tionstechnik die zugrunde liegende Risikoprämie für die überwiegende Mehrheit der Merkmale nicht effizient ermit- teln kann, wodurch es zu irreführenden Schlussfolgerungen über deren wirtschaftliche und statistische Bedeutung kom- men kann. Vorteile Kewei Hou, Chen Xue, Lu Zhang stellen in „Replicating Anomalies“, publiziert 2020 in The Review of Financial Studies, beispielsweise fest, dass Faktorportfolios auf der Grundlage von Marktfriktions-Proxies bei einem herkömm- lichen Long-Short-Quantil-Ansatz eine unbedeutende Performance aufweisen. Dieses Ergebnis stimmt mit einem invertierten Smirk-Muster überein, bei dem die Beziehung zwischen Marktfriktions-Proxies und den Renditen der Fol- geperiode stark asymmetrisch ist und die Faktorperfor- mance von der Short-Seite, die die illiquidesten Aktien ent- hält, bestimmt wird. Ähnliche Schlussfolgerungen lassen sich für invertierte Smile-Muster ziehen, die bei vielen Va- riablen aus der Buchhaltung beobachtet werden. Power Sorting hingegen erweist sich als besonders effektiv bei der Modellierung solcher Muster und bei der Erstellung von Gewichtungsschemata, die große Unterschiede bei der Merkmalsausprägung auf der Short-Seite ausnutzen können, während sie auf der Long-Seite eine diversifiziertere Positio- nierung einnehmen. Hinsichtlich der Modellparameter sind bei der Konstruk- tion von Faktorportfolios mehrere Freiheitsgrade involviert. Beispielsweise führt die Erhöhung der Anzahl der Quantil- portfolios – von Terzilen zu Quintilen,Dezilen oder darüber hinaus – zu Portfolios, die sich auf Aktien mit extremen Merkmalsausprägungen konzentrieren.Darüber hinaus kön- nen Kapitalmarktforscher das Gewichtungsschema durch andere Konstruktionsentscheidungen beeinflussen, beispiels- weise durch wert- oder gleichgewichtete Aktien im ausge- wählten Quantil. Beide Schemata können zu unerwünsch- ten Faktor-Exposures führen, die das angepeilte Charakteris- tikum übermäßig verfälschen können. Eine Gleichgewich- tung verstärkt die Wirkung kleiner Aktien, während eine Value-Gewichtung zu Portfolios führt, die stark auf sehr gro- ße Aktien ausgerichtet sind und so das Faktorverhalten durch Size-Effekte überlagern. Hier kann man dagegen- halten durch die Nutzung von NYSE-Schwellenwerten, den sogenannten Breakpoints, und durch Winsorizing bei der Marktkapitalisierung, ein statistisches Verfahren zum Um- gang mit Ausreißern. Solche Entscheidungen werden oft als Datenvorverarbeitungsschritte bezeichnet, und der implizite Effekt auf die Portfolioperformance wird normalerweise übersehen. Darüber hinaus kann Power Sorting die Leis- tung bereits erfolgreicher monotoner Faktoren verbessern, indem die Variation auf beiden Seiten genutzt wird. Stichprobeneffiziente Lösung Letztendlich stellt der Power-Sorting-Ansatz eine stichpro- beneffiziente Lösung dar, um Portfoliogewichte auf objektiv optimierte Art und Weise herzuleiten und so Bedenken in Bezug auf „p-Hacking“ – also das Schrauben an der statisti- schen Signifikanz von Faktoren – im Zusammenhang mit subjektiven Portfoliokonstruktionsentscheidungen zu behe- ben. Darüber hinaus ermöglicht das Set-up des Rahmens durch die explizite Parametrisierung der Gewichtskonzen- tration in den Tails der Verteilung eine klare Interpretierbar- keit der zugrunde liegenden Modellparameter und schließt so die Lücke zwischen Ad-hoc-Portfoliosortierungen und Blackbox-Methoden des maschinellen Lernens. Ein beson- deres Merkmal der neuen Methode ist schließlich die Ein- führung eines Hyperparameters, der den Einfluss von Size auf die Konstruktion von Faktorportfolios kontrolliert. N o . 1/2024 | institutional-money.com 85 Power Sorting | THEORIE & PRAXIS FOTO: © LANCASTER UNIVERSITY (2) » Das charakteristische Signal für underperformende Aktien ist stärker als jenes für outperformende. « Dr. Ingmar Nolte, Professor of Finance & Econometrics am Department of Accounting and Finance an der Lancaster University » Gleichgewichtete Power-Sorting- Portfolios haben eine deutlich höhere Sharpe Ratio. « Dr. Sandra Nolte, Professor of Finance and Econometrics an der Lancaster University Management School

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