Institutional Money, Ausgabe 1 | 2024

D ass immer noch darüber diskutiert werden kann, ob Märkte effizient sind, ist erstaunlich und dürfte daran liegen, dass es auf diese Frage gar keine ein- deutige Antwort gibt. Sie sind offensichtlich über lange Strecken hinweg durchaus in der Lage, den Großteil aller verfügbaren Informationen in den Preisen abzubilden. Dann gibt es aber immer wieder kurze Perioden, in denen nicht Fundamentaldaten, sondern Emotionen von Markt- teilnehmern und Risikobegrenzungsalgorithmen die Kurse bestimmen. Man könnte sogar argumentieren, dass die Märkte in solchen Perioden gar nicht effizient sein können, weil es etwa beim Ausbruch einer Pandemie kurzfristig keine Fundamentaldaten gibt, aus denen sich ein korrekter Preis ableiten ließe. In der Effizienzfrage gibt es aber noch ein weiteres Problem, es heißt James Simons. Der Ameri- kaner startete nach einer Karriere als Wissenschaftler und sei- ner Tätigkeit für das Institute for Defense Analyses in den späten 1970er-Jahren mit einem Team von Mathematikern und Physikern eine Hedgefondsgesellschaft. Simons und sei- ne Mitstreiter erlebten zwar auch beträchtliche Rückschläge, sie gaben aber nie auf. Und ab Ende der 80er-Jahre lief das System so gut, dass man nie weniger als 20 Prozent pro Kalenderjahr verdiente, für die 1990er-Jahre lag die Sharpe Ratio des Medallion Fund bei zwei. Nach einigen Proble- men infolge der platzenden Dotcom-Blase waren Simons’ Systeme nach dem Millennium und weiteren Verbesserun- gen sogar noch erfolgreicher. Derzeit verwaltet Renaissance Technologies (RenTec) mehr als 120 Milliarden US-Dollar. Im Kern beruhen diese Erfolge auf zwei Faktoren: Erstens sammelt man seit den 1980er-Jahren gewaltige Datenmen- gen, die für die Finanzmärkte direkt und indirekt von Be- deutung sein könnten, und zweitens entwickelte man Invest- mentalgorithmen, die aus diesen Datenbergen Muster her- ausfiltern, die die konventionelle technische oder fundamen- tale Analyse nicht kennt. Bisher ist niemand bekannt, der ähnliche Erfolge erzielte wie Simons, dessen ursprünglicher Medallion Fund schon seit vielen Jahren für externe Inves- toren geschlossen ist, einige Subfonds für institutionelle Anleger sind nur extrem sorgfältig ausgewählten Investoren zugänglich. Es ist aber vorstellbar, dass die Tage von RenTec bereits gezählt sind. Angesichts der Fortschritte, die in diesen Tagen im Bereich allgemeiner künstlicher Intelligenz erzielt werden, steht fest, dass derzeit in jeder ernst zu nehmenden Vermögensverwaltung mit Hochdruck daran gearbeitet wird, Simons’ Erfolge zu replizieren. Und da Mustererken- nung die zentrale Stärke von KI-Systemen ist, diese derzeit im Monatsabstand verbessert werden und immer größere Datenmengen zur Verfügung stehen, ist mit einiger Wahr- scheinlichkeit davon auszugehen, dass dies die Märkte grundlegend verändern wird. Dazu ist es gar nicht notwen- dig, dass jemand die Erfolge von RenTec – in deren Syste- men stecken Jahrzehnte an Forschung, Datensammlung und die Erfahrung herausragender Spezialisten – kurzfristig nachvollziehen kann, es genügt, dass sich die besten Mit- bewerber diesen Erfolgen schrittweise annähern. Das würde ziemlich sicher bewirken, dass die Märkte kontinuierlich effizienter werden, was aktiven Managern zunehmend Chancen rauben würde. Falls Sie das nicht schon längst getan haben, laden wir Sie noch einmal ein, sich für den Institutional Money Kongress 2024 am 9. und 10. April in Frankfurt anzumelden. Es wäre ein günstige Gelegenheit, dieses und ähnlich spannende Themen im Kolle- genkreis mit heimischen und internationalen Topexperten zu diskutieren. Gerhard Führing und Mamdouh El-Morsi Gerhard Führing Mamdouh El-Morsi Auf Jim Simons’ Spuren BRIEF DER HERAUSGEBER 4 N o . 1/2024 | institutional-money.com

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