Institutional Money, Ausgabe 1 | 2024

in Höhe von zehn Milliarden Euro will man die Entwick- lung des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung stabilisieren, die dann nicht ganz so stark ansteigt wie ohne diese Einnahmen. Außerdem sollen dadurch der allgemeine Bundeszuschuss sowie die Beiträge des Bundes für Kinder- erziehungszeiten weniger hoch ausfallen. Schon heute macht der Bundeszuschuss in die gesetzliche Rentenversi- cherung etwa ein Viertel des Bundeshaushalts aus, schränkt also den Handlungsspielraum der Regierung nicht unerheb- lich ein. Insofern ist zwar verständlich, dass die Regierung sich hier Erleichterung wünscht, aber dennoch scheint das Konzept des Rentenpakets II arg auf Kante genäht zu sein. Es braucht Magie Darüber hinaus hat Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) den Aktionsspielraum der Regierung weiter eingeschränkt, indem er mit dem Rentenpaket II auch andere Aspekte der Altersversorgung festgezurrt hat. „Das Rentenniveau von 48 Prozent soll für heutige und künftige Rentenbezieherinnen und Rentenbezieher dauerhaft gesichert werden. Dies wird als Grundsatz gesetzlich normiert und stärkt das Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung als tragende Säule der Alterssicherung in Deutschland“, heißt es im Referenten- entwurf. Während man das Rentenniveau „dauerhaft gesichert“ hat, lässt das Rentenpaket II zu, dass die Beitragssätze steigen – von derzeit 18,6 Prozent auf 22,3 Prozent im Jahr 2035. Insofern erkennt die Bundesregierung an, dass die doppelte Haltelinie angesichts der demografischen Situation bereits auf mittlere Sicht nicht mehr zu halten ist. Das Rentenein- trittsalter soll hingegen nicht weiter steigen – vermutlich weil dies politisch ein äußerst heißes Eisen darstellt. Bei Ökonomen trifft die Rentenreform auf Kritik, insbe- sondere was die Finanzierbarkeit betrifft. „Heil plant die Quadratur des Kreises: Das Rentenniveau bei 48 Prozent zu belassen und das Renteneintrittsalter nicht zu erhöhen ist ökonomischer Wahnsinn und wäre in Mathe eine Sechs“, wird Wirtschaftswissenschaftler Bernd Raffelhüschen in einem Gespräch mit „The Pioneer“ zitiert. Auch von Seiten der Asset Manager hagelt es Kritik. „Das Ziel der Generationengerechtigkeit bleibt mit dieser Reform weiterhin auf der Strecke: Das Aushebeln des Nachhaltig- keitsfaktors und weitere teure Leistungsversprechen sind ein herber Rückschlag für die jüngere Generation und gehen einseitig zulasten der Beitrags- und Steuerzahler“, sagt Chris- tof Quiring, Head of Workplace Investing bei Fidelity Inter- national, und fährt fort: „Ein besseres Ergebnis erzielen zu wollen, sprich: Rentenauszahlungen für eine wachsende Zahl von Anspruchsberechtigten, ohne dabei die Variablen, also die Beitragshöhe, die Rentenhöhe und den Renten- beginn, zu verändern, ist schlichtweg nicht möglich.“ Tat- sächlich braucht es eine fantasievolle Vorstellung möglicher Renditen am Aktienmarkt und womöglich etwas Magie, um die festgelegten Eckpunkte des Rentenpakets II alle gleichzeitig erfüllen zu können. Lob nur für die Kapitaldeckung Zustimmung findet in der Branche allerdings die Einfüh- rung einer teilweisen Kapitaldeckung: „Ein Schritt in die richtige Richtung ist immerhin die Aufstockung des Gene- rationenkapitals auf 200 Milliarden Euro bis Mitte der 2030er Jahre und der Einstieg in eine partielle Kapital- deckung. Dies begrüßen wir ausdrücklich“, teilt Quiring mit. Er hält allerdings die Kapitalausstattung des Generatio- nenkapitals für zu gering: „Um die zusätzlichen Kosten zu decken, müsste der Kapitalstock ein Vielfaches der 200 Mil- liarden Euro sein.“ Er zitiert Berechnungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft, nach denen bis 2035 ein Betrag von 877 Milliarden Euro notwendig wäre. Auch beim Deutschen Institut für Altersvorsorge (DIA) ist man nicht zufrieden: „Die Reform kommt zwar einen Schritt voran, aber gleichzeitig geht der Bundesarbeitsmi- nister bei der Konzeption des Rentenpakets zwei Schritte zurück, indem Anpassungen des Rentensystems mit zwei anderen Stellschrauben kategorisch ausgeschlossen werden“, erklärt DIA-Sprecher Klaus Morgenstern. Er spricht damit die Festschreibung des Rentenniveaus auf 48 Prozent und des Renteneintrittsalters an. Der Einstieg in eine Teilkapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung kann in Morgensterns Augen nur ein allererster Schritt zur Stabilisierung der Rentenfinanzen sein. „Mehr Kapitaldeckung ist ohne Frage zu begrüßen. Aber die Entlastung durch das Generationenkapital wird nicht aus- reichen. Es ist zu einem großen Anteil kreditfinanziert. Vom Anlageergebnis muss also noch der Kreditzins abgezogen werden.“Außerdemmachten die erhofften zehn Milliarden Euro jährlichen Erträge ab Mitte der 30er-Jahre nur einen Bruchteil der Gesamtausgaben der Rentenversicherung aus, die schon im vergangenen Jahr bei rund 375 Milliarden Euro lagen und weiterhin ansteigen würden. Auch aus Sicht des Gesamtverbands der Deutschen Ver- sicherungswirtschaft (GDV) stellt die Reform der gesetz- lichen Rentenversicherung zwar einen wichtigen, aber nur einen ersten Schritt dar. „Das Rentenpaket macht hoffent- lich den Weg für notwendige Reformen der betrieblichen und privaten geförderten Altersvorsorge frei. Aufgrund der rapiden demografischen Entwicklung sind Reformen in der gesamten Alterssicherung überfällig“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV. ANKE DEMBOWSKI N o . 1/2024 | institutional-money.com 269 Rentenpaket II | STEUER & RECHT FOTO: © STEFAN GRÖPPER PHOTOGRAPHY » Angesichts der riesigen Finanzierungs- probleme der gesetzlichen Rentenversiche- rung sind zwölf Milliarden Euro in diesem Jahr ein Tropfen auf den heißen Stein. « Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des deutschen Fondsverbands BVI

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=