Institutional Money, Ausgabe 1 | 2024

ter.“ Die geschickte Kombination von verschiedenen Nut- zungsarten spart Flächen und verhindert unnötige Versiege- lung. „Wenn man die Energiewende wirklich umsetzen will, ließe sich das zu einem großen Faktor entwickeln. Auf Industrie- und Logistikhallen ab einer wirtschaftlich attrak- tiven Größe von 5.000 Quadratmetern besteht ein Dachflä- chenpotenzial von 362,7 Millionen Quadratmetern. Darauf ließen sich theoretisch 36,2 GW Solarstrom erzeugen“, so Kassner. Bisher sind aber nur etwa zehn Prozent der Logis- tikhallen in Deutschland mit PV-Anlagen bestückt. Als Gründe, weshalb man hier noch nicht weiter ist, nennt er den mangelhaften Netzausbau und die Steuergesetzgebung. „Aktuell werden die Einnahmen aus der PV-Anlage anders besteuert als die Einnahmen aus der Vermietung der Halle.“ Stichwort Gewerbesteuer. „Aber nicht nur die Gewerbe- steuer macht die Sache komplexer, sondern auch die Finan- zierung, beispielsweise wenn beide Finanzierungen – für die Immobilie und für die PV-Anlage – im Grundbuch stehen müssen und miteinander kollidieren“, so Kassner. Auch der zu schwache Netzausbau stellt sich hier noch als Hemmschuh dar. „Wir bauen neue Hallen heutzutage immer PV-ready. Ob die PV-Anlage dann aber tatsächlich installiert wird, hängt davon ab, ob das Netz in der Region den Strom aufnehmen kann“, so Kassner. Er bemängelt, dass Bauherren oft monatelang auf die Abnahme der PV-Anlage warten müssen, auch wenn diese schon lang installiert und anschlussbereit ist. „Hier wäre mehr Pragmatismus gefragt! Die Investoren sind durchaus bereit, aber die Umstände in der Praxis lassen es oft nicht zu.“ Einstöckige Schuhschachteln Auch Patrick Brinker kann über solche Fälle berichten. „Wir haben in unserem Immobilien-Spezialfonds mehrere großflächige Einzelhandelsobjekte. Diese sogenannten Schuhkartons sind eingeschossig und haben beträchtliche Flächen mit großen Dächern. Sie sind prädestiniert dafür, dass eine PV-Anlage draufgesetzt wird. Aber als vermögens- verwaltender Fonds haben wir steuerrechtlich derzeit nicht die Chance, das zu tun.“ Die gelegentlich genutzte Lösung, die Dachflächen an einen gewerblichen Partner zu vermie- ten, hält er nur bedingt für sinnvoll. „Es wird schließlich ein Eingriff an der Dachhaut vorgenommen, und man bindet sich langfristig an einen Partner. Wenn man dann für die Vermietung des Dachs nur drei Cent fixe Miete erhält, macht das wenig Sinn. Dann machen wir es lieber nicht!“ Wer A sagt, müsse auch B sagen und das Steuerrecht ent- sprechend anpassen. „Vieles ist aber nicht zu Ende gedacht“, bemängelt er. Er ist aber froh, dass seine Fonds mehrere großflächige Einzelhandelsobjekte besitzen. „Dafür benötigt man häufig eine Sondergebietsausweisung, und man muss eine Bedarfs- analyse für den Standort vorlegen. In der Praxis erhalten Sie heutzutage kaum mehr neue Flächenausweisungen für großflächigen Einzelhandel mit zentrenrelevanten Sortimen- ten, denn in der Regel werden nur noch kleinere Lebens- mittelhandelsflächen neu genehmigt. Alles oberhalb einer Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern wird damit wert- voller im Sinne des Baurechts“, freut sich Brinker, „und wir fragen uns immer häufiger: Gibt es Potenzial für eine Nach- verdichtung?“ Das gelte insbesondere beim großflächigen Einzelhandel. Repositionierung von Objekten Brinker bringt auch das Thema Umwidmungen ins Spiel. „Es gibt in Deutschland noch ziemlich viele Flächen, die nachverdichtet oder revitalisiert werden können.Wir sollten nicht überall neu bauen. Das wäre nicht sinnvoll, denn schließlich wächst ja die Bevölkerung hierzulande nicht in jeder Region“, argumentiert er. Vor einiger Zeit hat er ein altes Verwaltungsgebäude des ehemaligen Krupp-Stahlwerks in Duisburg in ein Gesundheitszentrum umgebaut und dabei die Bestandsgebäude, die teilweise aus dem 19. Jahr- hundert stammten, erhalten. „So etwas machen wir gern. Nichts ist nachhaltiger, als den Bestand zu erhalten.“Gesund- heitszentren zählen zur Grundversorgung, und Kommunen haben ein Interesse daran, um sowohl für älteres als auch für jüngeres Publikum attraktiv zu sein. Regulierungswut zügeln Brinker hat aber auch Wünsche an die Regulatoren, damit solche Repositionierungen klappen. „Man sollte von Seiten der Regierungen nicht versuchen, alles zu regeln, was man regeln kann. Das führt letztlich zu weniger Investitionen. Was wir brauchen, ist Planbarkeit und dass es in der Praxis läuft“, so Brinker. Nur so lässt sich seiner Meinung nach ver- nünftig und nachhaltig bauen. Manchmal gingen Bauten einfach nicht voran, weil in den Stadt- und Gemeinderäten Laien sitzen, die gelegentlich auch ganz persönliche Inter- essen verfolgten. „Es ist zu hinterfragen, ob es richtig ist, dass teilweise Personen mit anderen beruflichen Hintergründen über Bauvorhaben und Baugenehmigungen entscheiden. Wenn es da nicht professionell zugeht, kann eine ganze Stadt darunter leiden“, so Brinker. Er verweist auf ver- nachlässigte Shoppingcenter, die es in vielen Städten gibt, weil es eine Zeit lang en vogue war, ein eigenes Shopping- center zu bauen. „Es wäre besser, ein professionelles Gre- mium einzurichten, das ein Bauvorhaben fachlich besser beurteilen kann und auch übergeordnete Ziele im Blick hat“, so Brinker. ANKE DEMBOWSKI 264 N o . 1/2024 | institutional-money.com STEUER & RECHT | Flächenverbrauch FOTO: © REAL I.S. » Wichtig ist, dass ein Objekt nicht leer steht, denn eine leer stehende Immobilie wird nicht genutzt, aber die Bodenversiegelung bleibt. « Dr. Christine Bernhofer, Vorstand Real I.S.

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