Institutional Money, Ausgabe 1 | 2024
Logistik wird zunehmend mit verbundenen Dienstleistun- gen angereichert, die von den Industrieunternehmen an spe- zialisierte Logistikdienstleister ausgelagert werden, beispiels- weise Reparaturen oder Retourenmanagement“,meint Kass- ner. Auch in der Produktion übernehmen Logistiker immer häufiger Bestandteile in der Wertschöpfungskette. In vielen Logistikimmobilien arbeiten durchaus viele Menschen. Doch unabhängig davon hoffen viele Kommunen lieber auf die Ansiedlung eines großen Industrieunternehmens wie die Batteriefabrik von Northvolt in Schleswig-Holstein, Intel in Magdeburg oder Tesla in Brandenburg. „Das sind aber nur einzelne, herausragende Industrieansiedlungen, die global ausgeschrieben werden. In Summe war Logistik über viele Jahre der viel größere Nachfragetreiber als einzelne gro- ße Industrieansiedlungen. Einige Kommunen haben das erkannt und sind hier offener“, beobachtet Kassner. Er empfindet den Preisdruck auf Logistikimmobilien der- zeit noch als erträglich. „Die aktuellen geopolitischen Ver- werfungen und der wirtschaftliche Rückgang führen dazu, dass viele Unternehmen erst mal auf die Pausetaste drücken. Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage nach Logistikflä- chen spätestens Ende nächsten Jahres wieder anspringt. Da der Nachfrageüberhang der vergangenen Jahre trotz der nor- malisierten Flächennachfrage noch nicht aufgelöst wurde, wird der Preisdruck anziehen, sobald sich die Konjunktur erholt.Um den Unternehmen hier Ansiedlungsentscheidun- gen zu erleichtern, sollte auch die Flächenausweisungspolitik der Kommunen forciert werden“, so Kassner. Tendenz zum Höherbauen Eine weitere Möglichkeit, Flächen einzusparen, ist, in die Höhe zu bauen. Daher wird schon länger erwartet, dass die Zeit der Flachbauten vorbei ist, beispielsweise bei Discoun- tern. „Richtig durchgesetzt hat sich das allerdings noch nicht. Allenfalls innerstädtisch werden Discounter mehrge- schossig gebaut“, beobachtet Staiger. Künftig erwartet er hier mehr Entwicklung. „Bisher ist es schwierig, auf Discount- märkte Wohnungen oder Büros zu bauen, weil der Lärm des Zulieferverkehrs Ärger bereitet. Das sind Dinge, die womöglich durch geeignete Andockmechanismen und E-Lkws gelöst werden können. Solche Dinge werden kom- men, sobald es ökonomisch sinnvoll ist, sprich: wenn der Preisdruck bei den Flächen größer wird“, meint Staiger. Auch sonst sieht er, dass das Thema Nachverdichtung Fahrt aufnimmt, beispielsweise beim Wohnungsbau in Berlin, speziell bei Dachausbauten, die einen vergleichsweise einfachen Weg darstellen, rasch mehr Wohnraum zu schaf- fen. „Lange Zeit gab es in Berlin ideologische Vorbehalte gegen den Ausbau von Dachgeschosswohnungen. Man befürchtete Gentrifizierung, und außerdem wollte man in vielen Bezirken keinen weiteren Zuzug. Der Ausbau von Dachgeschosswohnungen wurde daher unterbunden, bei- spielsweise indem keine Baumfällungen für Anleiterungen genehmigt wurden, um einen zweiten Fluchtweg zu ermög- lichen. Durch die starke Wohnungsnot in Berlin hat man jetzt aber begriffen, dass etwas getan werden muss, und dreht an allen Stellschrauben“, stellt Staiger fest. Hier werde die Höhe künftig verstärkt genutzt. Dazu machen sich verschiedene Stellen, darunter der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE), der Rat der Sachver- ständigen für Umweltfragen (SRU) und der Naturschutz- bund Deutschland e.V. (NABU) Gedanken um neue nach- haltigere Bebauungskonzepte. Ein Vorschlag des NABU war, den Neubau von Einfamilienhäusern einzustellen, den die Partei Die Grünen 2021 als Forderung übernommen haben. Einfamilienhäuser verbrauchten viel Fläche, verursachten Zersiedelung und seien nicht energieeffizient. Damit löste die Partei einen Sturm der Empörung aus. „Verbote sind meist nicht zielführend. Um langfristige Lösungen zu fin- den, sind kreative und zukunftsfähige Planungen und Gedanken erforderlich. In Ballungszentren ist der Wohn- raum heute schon knapp, ein Verbot ist hier der falsche Ansatz. Auf dem Land wären solche Verbote Planwirtschaft“, meint Patrick Brinker. Er ist Gründer und Head of Real Estate Investment Management (REIM) von Hauck Auf- häuser Lampe. Zusätzliche Nutzungen erschließen Während in den Segmenten Einzelhandel und Wohnungs- bau bereits eine gewisse Tendenz zumHöherbauen erkenn- bar ist, sieht Kassner bei Logistikimmobilien nur beschränk- te Möglichkeiten, in die Höhe zu gehen: „Bei Logistikgebäu- den steigen die Baukosten extrem, wenn mehrgeschossig ge- baut wird. Hinzu kommt, dass die Nutzung in den oberen Etagen eingeschränkt ist. Außerdem ist die Zuwegung zu den oberen Etagen – beispielsweise eine Spindel wie bei ei- nem Parkhaus – schwierig. Sie muss im Winter, wenn es glatt ist, beheizt sein.“ Daher sei es in Europa noch nicht gelebte Realität, Logistikgebäude mehrgeschossig zu bauen. Er verweist darauf, dass es in Hongkong 15-geschossige Logistikhallen gibt. „Baulich ist das machbar, aber dafür ist bei uns der Preisdruck noch nicht groß genug!“, so Kassner. In Europa sieht Kassner mehr Potenzial darin, Logistik- immobilien mit weiteren Nutzungen zu versehen, indem man die Dächer für Photovoltaik nutzt, mit kleinen Wind- turbinen ergänzt und auch die Fassaden verwendet. „Logis- tikimmobilien werden dadurch zu kleinen Energiekraftwer- ken. Die Energie kann vor Ort zu Wasserstoff verarbeitet oder in Wärme umgewandelt werden. Letztlich entwickelt sich die Logistikimmobilie zur Infrastrukturimmobilie wei- N o . 1/2024 | institutional-money.com 263 Flächenverbrauch | STEUER & RECHT FOTO: © HAUCK AUFHÄUSER LAMPE » Wir sollten nicht überall neu bauen. Das wäre nicht sinnvoll, denn schließlich wächst ja die Bevölkerung hierzulande nicht. « Patrick Brinker, Gründer & Head of Real Estate Investment Management (REIM) von Hauck Aufhäuser Lampe
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