Institutional Money, Ausgabe 1 | 2024

Z u den vergleichsweise wenig beachteten Themen innerhalb der Nachhaltigkeitsdiskussion in Verbin- dung mit Immobilien zählt der Bodenverbrauch. Wenn eine Ausweitung des Flächenverbrauchs politisch bekämpft wird, erzeugt dies eine Verknappung mit entspre- chenden Auswirkungen auf den Preis der Fläche. Die Argu- mente der EU, die den Neuflächenverbrauch senken will, sind nachvollziehbar. Die Verlangsamung der Flächenversie- gelung soll Wüstenbildung, Hochwasserbedrohungen und Wärmeinseleffekten in Städten entgegenwirken, wird aber Konsequenzen haben. Bereits im November 2021 stellte die EU-Kommission ihre Bodenstrategie 2030 vor, die schließlich in das Euro- päische Bodenüberwachungsgesetz (Directive on Soil Moni- toring and Resilience, COM(2023) 416) einfloss. Im Juni 2023 veröffentlichte die EU-Kommission dazu einen Legis- lativvorschlag, dessen Vision ist, dass sich bis 2050 „alle Bodenökosysteme in der EU in einem gesunden Zustand (befinden) und somit widerstandsfähiger (sind)“. Entspre- chend strahlt die EU-Bodenstrategie auf weitere ökologische Themenbereiche aus (siehe Chart „Die EU-Bodenstrategie“). Die EU-Bodenstrategie fordert, den Flächenverbrauch bis 2030 erheblich zu reduzieren. Spätestens bis zum Jahr 2050 soll die Inanspruchnahme neuer Flächen auf null gesenkt werden.Die einzelnen Mitgliedsstaaten der EUmüssen nun sehen, wie sie diese Strategie national umsetzen.Die Bundes- regierung arbeitet derzeit an einer Novellierung des deut- schen Bodenschutzgesetzes, wobei die bisherige Gesetzes- grundlage für die Bodenversiegelung das Baugesetzbuch ist. Die Neuregelung sieht vor, dass die Bauvorhaben in einer „flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwen- dige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonen- den Weise auszuführen“ sind (§ 35 Abs. 5 BauGB). „Bisher ist das Gebot des sparsamen Umgangs mit Flächen aber noch nicht in hartes Gesetz gegossen. Es gibt noch kein Flächenreduzierungsgesetz in Deutschland“, sagt Hendrik Staiger, Vorstandssprecher des Asset Managers und Projekt- entwicklers Beos AG. „Trotzdem ist der sparsame Umgang mit Flächen ein logisches Ziel aus den Nachhaltigkeitsbe- strebungen, und jeder dürfte verstanden haben, wohin der Trend geht“,meint Staiger. Fürs Flächensparen sieht er ledig- lich zwei Stellschrauben: Nachverdichtungen und das Nut- zen von Brachflächen. Beim Flächenrecycling sieht der EU-Gesetzgeber Verbes- serungspotenzial. „Die erneute Bebauung oder die Sanie- rung von zuvor bereits bebauten Flächen machte (zwischen 2006 und 2012) nur 13,5 Prozent der städtischen Entwick- lung in der EU aus“, steht im Vorwort zur EU-Bodenstrate- gie. Einige Mitgliedsstaaten hätten hier bereits Quoten von über 50 oder sogar bis zu 80 Prozent erreicht. In Deutschland hat der Bund Länder und Gemeinden bereits aufgefordert, die neuen Rahmenbedingungen in den Bebauungsplänen zu berücksichtigen. „Das merken wir bei- spielsweise, wenn wir Bauanträge stellen. Allerdings ist die Wirkung imMoment noch nicht sehr stark, und die Länder und Gemeinden verfolgen das unterschiedlich intensiv“, be- richtet Staiger aus der Praxis. Er vermutet aber, dass der Druck zunimmt. „Für Bestandshalter ist das eine gute Sache, denn die Grundstücke werden tendenziell wertvoller.“ Insti- tutionellen Immobilieninvestoren rät er: „Wir müssen uns darauf einrichten, dass es künftig mehr Brownfield-Entwick- lungen gibt. Davor braucht aber niemand Angst zu haben“, ermuntert Staiger. Beos hat sich mit gelungenen Quartiers- entwicklungen auf zentral gelegenen Industriebrachen einen Namen gemacht: das Carlswerk in Köln, die Westside in Frankfurt und die Berlin Decks. Es ist also möglich, dass sich Brownfield-Entwicklungen auch unter Kosten-Rendite- Gesichtspunkten rechnen; schließlich agiert Beos seit 2018 Die EU-Bodenstrategie für 2030 und das EU-Bodenüberwachungsgesetz haben zum Ziel, den Neuflächenverbrauch in der EU zu senken. Auf Bodenpreise und Mieten sollte sich das günstig auswirken, womit die Aussichten für Bestandshalter günstig sind. Gewollte Verknappung 260 N o . 1/2024 | institutional-money.com STEUER & RECHT | Flächenverbrauch FOTO: © GARBE Der sparsame Um- gang mit Flächen ist ein logisches Ziel aus den Nachhaltig- keitsbestrebungen. » Alle Akteure am Markt sehen sich mit der Situation konfrontiert, dass immer weniger Flächen zur Verfügung stehen. « Tobias Kassner, Head of Research, GARBE Industrial Real Estate

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