Institutional Money, Ausgabe 1 | 2024

kehr zu den klassischen Garantien“, meint Müller-Reichart. Asmussen sieht das ähnlich: „Die Versicherer werden die Garantien wie immer abbilden und die Garantien, die für uns ja ein Risiko darstellen, bepreisen. Im Review sehe ich keinen besonderen Impuls auf unser Geschäftsmodell. Der kommt eher aus dem Kapitalmarkt und natürlich von unseren Kunden“, so der GDV-Mann. In den Trilogverhandlungen hat man sich auf eine größe- re Adressatenorientierung beim Solvency and Financial Condition Report (SFCR) geeinigt. Dieser soll künftig zwei- geteilt erfolgen: ein SFCR für die allgemeine Öffentlichkeit und einer für das Fachpublikum. „Der Report für die allge- meine Öffentlichkeit darf nun deutlich vereinfacht werden. Im Prinzip reicht hier ein Zwei- oder Dreiseiter“, erklärt Mül- ler-Reichart. Der SFCR für das Fachpublikum bleibt ausführlich, wo- bei das Nachhaltigkeits-Reporting sogar noch erweitert wird. „Es gibt Anpassungen bei den Quantitative Reporting Tem- plates (QRT). Hier müssen künftig auch quantitative Anga- ben zu Nachhaltigkeitsrisiken in der Kapitalanlage gemacht werden, und zwar bereits für das Berichtsjahr 2023“, sagt Schlünder. Sie verweist darauf, dass QRT relativ schnell von der EU-Kommission angepasst werden können, weil es dazu keiner Trilogverhandlungen bedarf. Hier sieht die Branche durchaus steigende Anforderun- gen auf sich zukommen. „Die mögliche Aufnahme weiterer Nachhaltigkeitselemente, die derzeit noch evaluiert werden, sollte risiko- und evidenzbasiert sein. Die Gesamtauswirkun- gen der Überprüfung werden für die meisten Versicherungs- unternehmen in einer Zunahme der operativen Belastun- gen und der Berichterstattung bestehen, was bedauerlicher- weise imWiderspruch zu den Ankündigungen und Plänen der Europäischen Kommission steht, die Berichtslast für Unternehmen um 25 Prozent zu reduzieren“, sagt eine Spre- cherin des VVO. Schlünder beruhigt: „Viele der Daten müs- sen ohnehin vorliegen, beispielsweise im ORSA.“Dort sind makroprudenzielle Risiken sowie ESG- und Liquiditätsrisi- ken aufzuführen. „Die Aufsicht wird hierauf künftig noch stärker schauen. Sie wird insbesondere die Liquiditätsrisiken stärker im Blick haben“, meint Schlünder. Proportionalitätsprinzip Die regulatorischen Anforderungen wurden in den letzten Jahren in unterschiedlichen Bereichen hochgefahren, was insbesondere für die kleineren und mittelgroßen Versiche- rungshäuser eine große Last darstellt. Daher wurde im Re- view das Proportionalitätsprinzip überarbeitet. Jetzt gibt es nicht nur eine klarere Definition für Small- und Low-Risk- Profile-Unternehmen, sondern auch die Einstiegsgrößen wurden angehoben. Bislang gelten Erstversicherungsunter- nehmen als „klein“, wenn ihre jährlich gebuchten Bruttoprä- mien fünf Millionen Euro und ihre versicherungstechni- schen Rückstellungen 25 Millionen Euro nicht überschrei- ten. Im Review werden die Grenzen auf 15 Millionen Brut- tobeitragseinnahmen und 50 Millionen versicherungstech- nische Rückstellungen angehoben. „Dadurch fallen einige der kleineren Häuser aus der Solvency-II-Regelung heraus. Für sie wird es künftig deutlich einfacher, denn sie unter- liegen nur den Vorgaben von Solvency I“, meint Müller- Reichart. „Außerdem weiß durch die vorgenommenen Prä- zisierungen jedes Unternehmen sofort, ob es zu den ,small and non-complex‘Versicherungsunternehmen mit reduzier- ten regulatorischen Anforderungen zählt oder nicht.“ Schlünder vermisst den ergänzenden Blick auf das We- sentliche: „Man hat im Review lediglich andere Schwellen- werte eingeführt. Wünschenswert wäre gewesen, die Pro- portionalität stärker als Tool zu verstehen, um innerhalb der Anforderungen mehr Spielraum zu haben.“ In Österreich ist man zufriedener mit den Änderungen: „Wir begrüßen die Bemühungen, den Grundsatz der Ver- hältnismäßigkeit besser zu verankern – dies sollte übermä- ßige Belastungen für kleine und nicht komplexe Versiche- rungsunternehmen verringern“, sagt der Sprecher des Ver- bands der Versicherungsunternehmen Österreichs. Dem deutschen Versicherungsverband gehen die Propor- tionalitätsregelungen hingegen nicht weit genug. „Wir hät- ten uns gewünscht, dass man die Schwellenwerte höher setzt. Außerdem profitieren die kleinen Versicherungsmärkte stärker als die großen“, kritisiert Asmussen. „In Malta wird es wohl weniger Versicherer geben, die als groß anzusehen sind, als in Frankreich oder Deutschland. Da hätten wir uns mehr Mut gewünscht.“ In Summe positives Fazit Insgesamt ist die Branche mit dem Solvency-II-Update nicht unglücklich. „Mit den ersten Entwürfen des Reviews waren deutsche Versicherer nicht zufrieden. In die regulatorische Entwicklung ist aber viel Arbeit der Stakeholder eingeflos- sen.Nun kann die Branche mit den Review-Regelungen gut leben“, schätzt Schlünder die Lage ein. „Der Solvency-II- Review hat für eine Entzerrung, eine risikotheoretische Adjustierung sowie eine Klarstellung bisher etwas unklarer Begrifflichkeiten wie zum Beispiel der Proportionalität, ge- sorgt. Die Volatilität darf nun stärker genutzt werden. Da- durch kommt es zu einer Entlastung und einer Kapitalfrei- setzung. Das frei werdende Kapital können die Häuser jetzt in die notwendige digitale sowie nachhaltige Transformation investieren – zumindest ist das die Intention des Regulators“, fasst Müller-Reichart zusammen. ANKE DEMBOWSKI 258 N o . 1/2024 | institutional-money.com STEUER & RECHT | Solvency II FOTO: © GOLDING CAPITAL PARTNERS » Das Ringfencing, das bislang der Hemmschuh ist, könnte künftig wegfallen. « Lutz Boxberger, Rechtsanwalt und Steuerberater, verantwortlich bei Golding Capital Partners für die Themen Steuern und Regulatorik In den Trilogverhand- lungen hat man sich auf eine größere Adressatenorientierung beim Solvency and Financial Condition Report (SFCR) geeinigt.

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