Institutional Money, Ausgabe 1 | 2024
talanforderungen für Typ-I- und Typ-II-Aktien sowie das Risikountermodul Qualifying Infrastructure ein weiteres Untermodul Long-Term Equity eingeführt, das grundsätz- lich Erleichterungen für die Kapitalanforderungen vorsah“, sagt Lutz Boxberger. Als Rechtsanwalt und Steuerberater verantwortet er bei Golding Capital Partners als Managing Director die Themen Steuern und Regulatorik. Er zeigt auf, was das bedeutet: „Während normale Aktien einem Schock in Höhe von 39 beziehungsweise 49 Prozent unterliegen, müssen Versicherer Long-Term-Equity-Investitionen nur mit 22 Prozent und Qualifying Infrastructure mit 30 beziehungs- weise 36 Prozent schocken.“ Schlünder erklärt, worum es geht: „Der Regulator wollte langfristige Aktieninvestments speziell fördern, und entspre- chend müssen die Versicherer dafür weniger Solvenzkapital vorhalten.“ Sie verweist darauf, dass deutsche Häuser die Erleichterungen bislang aber nicht nutzen konnten: „Das liegt an der deutschen Systematik der Lebensversicherung einschließlich der Versicherungsnehmerbeteiligungen. Die durch die bisherige Regulierung geforderte „Ringfencing“- Anforderung (getrennte Verwaltung der Aktienportfolios, Verbot der portfolioübergreifenden Verrechnung von Gewinnen und Verlusten) ist damit nicht vereinbar. Daher kamen deutsche Versicherer nicht in den Genuss der nied- rigeren Kapitalanforderungen für Long-Term Equity. „Künf- tig will man weg von den engen Ringfencing-Anforderun- gen, aber hier müssen wir noch auf die genaue Formulie- rung in den Level-2-Regelungen warten“, so Schlünder. Bei Golding ist man ob der geplanten Lockerungen im finalen Richtlinientext in Bezug auf das Untermodul Long- Term Equity verhalten optimistisch: „Das Ringfencing, das bislang der Hemmschuh ist, könnte künftig wegfallen“, so Boxberger.Wenn diese bis dato erforderliche klare rechtliche oder vertragliche Verknüpfung von Portfolios auch nach Maßgabe der Durchführungsverordnung nicht mehr erfor- derlich ist, ergeben sich dadurch interessante Strukturie- rungsmöglichkeiten. „Auch die Ausweitung des geografi- schen Anwendungsbereichs auf OECD-Investments und die Klarstellung, dass man das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung dieses Untermoduls auf Fondsebene prüft, sofern es sich dabei zum Beispiel um einen ELTIF handelt, befeuert unsere Strukturierungsüberlegungen“, ver- rät Boxberger. Ein solcher Fonds könnte dann als ELTIF strukturiert werden. „Der ELTIF wird im Review explizit genannt als taugliche Fondsstruktur für institutionelle Inves- toren“, so Boxberger. Hier hofft er für sein Haus, das auf alternative Investments spezialisiert ist, künftig eine Auswei- tung der Geschäftsmöglichkeiten mit Versicherern. Auch in den anderen EU-Ländern wurde bisher wenig Gebrauch von den Erleichterungen für langfristige Aktienin- vestments gemacht. „Die günstige Behandlung dieser neuen Solvency-II-Kategorie des Aktienrisikos wurde bereits 2019 eingeführt, aber von der Versicherungsbranche kaum ge- nutzt“, beobachtet Alberto Scarsini, Global Insurance Advisory Director, EMEA beim Asset Manager Schroders, und nennt den Grund: „Die geforderten Zulassungskriterien werden als zu restriktiv angesehen. Wir warten jetzt auf die technischen Details und hoffen auf spürbare Erleichterungen, um die Vorteile der regulatorischen Behandlung von langfris- tigem Eigenkapital zu nutzen und Kapital für die europäi- schen Nachhaltigkeitsziele zu mobilisieren“, so Scarsini. Der GDV ist in diesem Punkt vorsichtig optimistisch: „Sollten wir künftig die Erleichterungen für Long-Term Equi- ty besser nutzen können, dann bewerten wir das positiv. Final können wir das aber erst sagen, wenn die Regelungen kon- kretisiert werden“, meint Asmussen und dämpft mögliche Erwartungen auf hohe Aktienengagements der Versiche- rungshäuser: „Auch eine Erleichterung bei Long-Term Equity wird sicher nicht dazu führen, dass die Aktienquote der deut- schen Versicherer von fünf auf 50 Prozent ansteigen wird.“ Asset Manager stellen sich auf Review ein Die Asset Manager stellen sich mit ihren Strategien, die sie den Versicherungshäusern anbieten, auf die Solvency-II-Än- derungen ein. „Mit dem Review wird die Risk Margin der Angrenzende Regulatorik Auch die Insurance Capital Standards (ICS) für international tätige Versicherungsgruppen und die EbAV-Richtlinie erfahren einen Review. D ass die Regulatoren durchaus auf- einander schauen, zeigt die Tatsa- che, dass auch der internationale Stan- dardsetzer, die International Association of Insurance Supervisors (IAIS), einen Review der Mindeststandards für inter- national tätige Versicherungsgruppen in Arbeit hat. „In Deutschland gehören beispielsweise Allianz, Munich Re und Talanx zu den Gesellschaften, die der Aufsicht des IAIS unterliegen. Die global geltenden Insurance Capital Stan- dards (ICS) stehen kurz vor ihrer Fer- tigstellung. Sie bewegen sich – wie er- wartet – innerhalb des Maßnahmenbün- dels des sogenannten Common Frame- works“, berichtet Müller-Reichart. Com- Frame ist das „Common Framework for the Supervision of Internationally Ac- tive Insurance Groups”. Für die Einrich- tungen der betrieblichen Altersver- sorgung (EbAV) gibt es ein separates Regelwerk, die EbAV-II-Richtlinie, die am 13. Januar 2017 in Kraft getreten ist. Parallel zu den Regelungen für Versi- cherungshäuser sollen auch die Rege- lungen für EbAV einem Review unterzo- gen werden. Die EIOPA hat der EU-Kom- mission hierzu am 28. September 2023 ihren Ratschlag übermittelt, und Pen- sionskassen und Pensionsfonds warten nun auf den Review der Richtlinie. Laut PwC ist die Rückmeldung der EIOPA inklusive Anhängen über 250 Seiten lang, was auf etliche geplante Anpas- sungen schließen lässt. 254 N o . 1/2024 | institutional-money.com STEUER & RECHT | Solvency II » Bisher kamen deutsche Versicherer nicht in den Genuss der niedrigeren Kapitalanforderungen für Long-Term Equity. « Melanie Schlünder, Senior Managerin im Bereich Risk & Regulation bei PwC, Wirtschaftsprüferin, Aktuarin (DAV)
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