Institutional Money, Ausgabe 1 | 2024

zur Bewertung versicherungstechnischer Rückstellungen, geht mit geringerem Gewicht ein, dadurch wird es kon- servativer. Wenn Versicherungen ihre Verpflichtungen mit einem niedrigeren Zinssatz abdiskontieren, steigt der Bar- wert der versicherungstechnischen Rückstellungen, was die Eigenmittel reduziert. Außerdem ist vorgesehen, bei der Berechnung der Solvenzkapitalanforderung im Standard- modell künftig bei Negativzinsen das Risiko weiter fallender Zinsen zu berücksichtigen; eine Lehre aus der ausgeprägten Niedrigzinsphase. „Beide Änderungen treffen insbesondere die deutschen Lebensversicherer, denn die durchschnittliche Duration auf der Passivseite ist in Deutschland länger als in den anderen Mitgliedsstaaten. Auch in Österreich und Frankreich hat man langfristige Garantien, aber eben nicht so lang wie in Deutschland“, sagt Asmussen.Müller-Reichart erklärt, welche Auswirkungen dies auf die Kapitalanlage haben kann: „Die neue Extrapolationsmethode der risikofreien Zinsstruktur- kurve führt dazu, dass Zinsträger unter Druck kommen. In der Konsequenz werden die Unternehmen weniger gewillt sein, in Zinsträger zu investieren.“Wie stark dieser Effekt ist, werde sich zeigen. Als die Review-Besprechungen statt- fanden, lag der Zins für zehnjährige Bunds noch bei null Prozent; mittlerweile sind die Renditen gestiegen. „Insofern könnten die Auswirkungen geringer ausfallen als ursprüng- lich gedacht.“ Vola-Anpassung der Zinsen Gegenläufig wirken sich voraussichtlich die vorgesehenen Änderungen der sogenannten Volatilitätsanpassung aus.Die- se führen nämlich zu einer Verschiebung der Zinsstruktur- kurve nach oben. Die Volatilitätsanpassung soll die Auswir- kung kurzfristiger Schwankungen an den Anleihenmärkten auf die Solvenzlage mindern. Der Review reduziert in Sum- me Abschläge bei der Berechnung der Volatilitätsanpassung, was die Zinsstrukturkurve für die Versicherer wieder etwas besser macht. „Das ist durchaus gerechtfertigt, weil die Ver- sicherer – anders als die Banken – ihre Anlagen nicht jeder- zeit verkaufen können müssen. Im Regelfall halten wir unsere Papiere bis zum Laufzeitende, können also zwischen- zeitliche Schwankungen aushalten“, so Asmussen. Diesem Sachverhalt wird nun Rechnung getragen, indem man die Methodik der Volatilitätsanpassung etwas verfeinert. „Außerdem gibt es beim Zinsrisiko Anpassungen in der Standardformel.Hier gab es bisher keinen Schock für nega- tive Zinsen; der wird jetzt durch die Revision des Solvency- Frameworks eingeführt“, erklärt Schlünder und beruhigt: „Hierfür gibt es aber ein Phasing-in. Den neuen Schock- mechanismus, der künftig anzuwenden ist, müssen die Ver- sicherer über fünf Jahre anwenden.“ „Mit all diesen Anpassungen für die Zinsseite können wir leben“,meint Asmussen, „außerdem können sich die Unter- nehmen mit ihrem Geschäftsmodell an veränderte regula- torische und ökonomische Rahmenbedingungen anpassen.“ Einige Punkte sind auch noch nicht imDetail geregelt, son- dern werden in den Level-II- und -III-Reformen finalisiert. Auch für die Aktienseite sieht der Review Anpassungen vor. Unter anderem wird der Korridor des „Symmetric Ad- justment“ beim Aktienrisiko erweitert, und zwar von plus/minus zehn auf plus/minus 13 Prozentpunkte. Müller- Reichart erläutert dazu: „Typ-I-Aktien, also Aktien mit Emit- tenten aus OECD- oder EWR-Ländern, werden normaler- weise mit 39 Prozent gestresst. Typ-II-Aktien mit Emittenten außerhalb der OECD und des EWR werden mit 49 Prozent gestresst.“ Dieser Basisstress wird im Review beibehalten. „Die EIOPA gibt aber monatlich eine Meldung, wie der Stress auf Aktien durch das sogenannte Symmetric Adjust- ment anzupassen ist. Mit der Erweiterung hat die EIOPA künftig die Möglichkeit, den Korridor stärker zu nutzen. Nutzt sie ihn nach unten, kann sie die Versicherungsunter- nehmen zu einer verstärkten Aktienanlage motivieren.“Hin- tergrund der Korridorerweiterung ist, dass die Volatilität an den Aktienmärkten zugenommen hat und man dies in der Kapitalanlage berücksichtigen möchte. „Die Änderungen im Symmetric Adjustment für Aktien, die der Review vorsieht, werden für deutsche Versicherer keine große Rolle spielen“, sagt Asmussen.Der Grund dürfte auch in der niedrigen Aktienquote liegen. Relaxans für Long-Term Equity 2019 hat bereits ein Mini-Review für Solvency II stattgefun- den. „Damals wurden zusätzlich zu den existierenden Kapi- Der Änderungsrichtlinienvorschlag zu Solvency II wird noch im ersten Quartal 2024 erwartet. Mit der Erstanwendung dürfte dann etwa zum 1. Juli 2026 zu rechnen sein. N o . 1/2024 | institutional-money.com 253 Solvency II | STEUER & RECHT FOTO: © MQ-ILLUSTRATIONS | STOCK.ADOBE.COM

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