Institutional Money, Ausgabe 1 | 2024

den 30 Jahren in deutschen A-Städten bei durchschnittlich 150 Basispunkten. Das Problem ist die jüngere Historie, an der sich Investoren viel stärker orientieren: „Während der expansiven Phase der europäischen Geldpolitik in den ver- gangenen zehn Jahren lag der Renditeaufschlag allerdings bei rund 300 Basispunkten – und beflügelte die Nachfrage nach Immobilien immens“, merkt Real-I.S.-Research-Chef Marco Kramer an. Angesichts der beiden genannten Zeit- perioden erachtet Kramer Immobilien bei einer Risikoprä- mie von wenigstens 200 Basispunkten – zumindest anhand dieses Bewertungskriteriums – als „fair“bewertet.Dieser Auf- schlag könnte Kramers Einschätzung nach wieder vermehrt Käufer in den Investmentmarkt locken. Rundruf Vor diesemHintergrund holte Institutional Money bei aus- gewählten Immobilieninvestmentmanagern kurz vor Redak- tionsschluss eine aktuelle Einschätzung zur weiteren Ent- wicklung ein. Beispielsweise darüber, wann die Abwertun- gen bei Gewerbeimmobilien, insbesondere Büros, vorbei sein könnten oder ob gar eine Rezession als „Zweitrun- deneffekt“ die Immobilienpreise zusätzlich – und für viele Investoren vielleicht unerwartet – belasten könnte. Louis Obrowsky, Geschäftsführer LLB Immo KAG, der übrigens am kommenden Institutional Money Kongress 2024 in Frankfurt am zweiten Veranstaltungstag einenWork- shop zum Thema „Stehen wir am Beginn eines neuen Im- mobilienzyklus?“halten wird, erinnerte im Interviewmit der Redaktion an den wichtigsten Einflussfaktor für eine mög- liche Bodenbildung: das Ende des Zinserhöhungszyklus und Zinssenkungen, spätestens im zweiten Halbjahr. „Vor diesemHintergrund sind bei anstehenden Bewertungen im ersten Halbjahr 2024 noch moderate negative Bewertungs- ergebnisse zu erwarten, die Bodenbildung der Preise sollte aus heutiger Sicht im Sommer erreicht werden“, prognos- tiziert Obrowsky. Für Henrik Haeuszler, Senior Director Client Portfolio Management bei Invesco Real Estate in München, müssen Investoren die jeweiligen Immobilien grundsätzlich differen- zierter als früher betrachten. Gesamthaft zeigt er sich zumin- dest teilweise optimistisch gestimmt: „Vereinfacht spricht viel für die Annahme, dass für AAA-Objekte – also beste Lage, beste Mieterbonität und höchster ESG-Standard – kaum mehr Korrekturen zu erwarten sind, für A- oder B-Objekte eher schon noch.“Etwas pessimistischer ist die Einschätzung von Dieter Seitz, Geschäftsführer von LHI Capital Manage- ment. „Je nach Subassetklasse und Standortkategorie haben sich schon zum Teil höhere Wertabschläge seit Mitte 2022 eingestellt. Wir erwarten in diesem Jahr noch keine Stabili- sierung der Werte von Büroimmobilien in A- und B-Städten und daher weitere Abschläge je nach Objektqualität und Mikrolage.“ Stressfaktor Rezession Immobilienpreise kommen im Rahmen ihres langjährigen Zyklus in der beginnenden Abwärtsphase in einem ersten Schritt meistens von der (höheren) Zinsseite unter Druck. In der Vergangenheit war dann in der Folge oftmals zu beobachten, dass in der zweiten Phase des Abschwungs die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Rezession schlagend werden, da aufgrund von Pleiten Mieter respektive deren Mietzahlungen ausfallen oder generell weniger Nachfrage nach neuen Flächen besteht. Diesbezüglich sieht Obrowsky derzeit nur geringe Risiken: Die Bewerter seien „großflä- chig“ in der neuen Realität angekommen, reale Vergleichs- transaktionen lägen nunmehr – im Unterschied zum ver- gangenen Jahr – in ausreichendem Ausmaß vor. „Die aktu- ellen gutachterlichen Bewertungsergebnisse spiegeln nicht nur das gestiegene Zinsniveau wider, sondern preisen auch ein potenzielles (leichtes) Rezessionsszenario ein“, betont Obrowsky. Invescos Haeuszler sieht seinerseits ebenfalls keinen wei- teren rezessionsbedingten Druck auf die Immobilienpreise: „Das würde mich überraschen, vergleichsweise war die Finanzkrise eine viel drastischere Situation für alle Marktteil- nehmer, und die Fremdfinanzierungsquote viel höher.“ Haeuszler verweist auf das durch die Brexit-Nachwirkungen rezessionsgeplagte Großbritannien: „Ein interessanter Fakt zur Einschätzung: In London Mayfair beispielsweise ist die Kleinere Investments Büroinvestments nach Größenklassen Während im Jahr 2022 noch Bürodeals mit mehr als 100 Millionen Euro Volumen mit 63,8 Prozent gemessen am Gesamtinvestment- volumen die Statistik dominierten, ist dieser Anteil 2023 auf 30,2 Prozent gesunken. Im Gegenzug stieg 2023 die Bedeutung von kleineren Investments respektive Einzeldeals, hinter denen in der Regel kleinere Institutionelle wie Stiftungen oder Family Offices stehen. Quelle: BNP Paribas Real Estate 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % 2023 2022 ≥ 100 Mio. EUR 50 – < 100 Mio. EUR 25 – < 50 Mio. EUR 10 – < 25 Mio. EUR < 10 Mio. EUR 63,8 % 15,4 % 12,8 % 6,3 % 1,7 % 30,2 % 20,9 % 21,2 % 21,2 % 6,6 % 220 N o . 1/2024 | institutional-money.com PRODUKTE & STRATEGIEN | Immobilien FOTO: © INVESCO REAL ESTATE Ob der Gewerbe- immobilienmarkt, insbesondere jener für Büros, in abseh- barer Zeit einen Boden ausbildet, wird von Experten rege diskutiert. » Für AAA-Objekte sind kaum mehr Korrekturen zu erwarten, für A- oder B-Objekte eher schon noch. « Henrik Haeuszler, Senior Director Client Portfolio Management bei Invesco Real Estate in München

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