Institutional Money, Ausgabe 1 | 2024

um den Mittelwert aller Prognosen des jeweiligen Analysten adjustiert und so relativiert sind. Anschließend werden diese Werte über alle Analysten gemittelt. Das entspricht einem guten Maß für die relative Konsensbewertung, da verzerren- de Effekte einzelner Analysten wie zum Beispiel permanen- ter Überoptimismus herausgerechnet sind. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind sehr ähnlich zur relativen Rang- folge-Betrachtung (siehe Grafik „Analysten vor Anomalien“). Die verzerrenden Effekte ließen sich den Forschern zufol- ge mit zwei Ansätzen erklären: zum einen anhand des Durchschnitts der Prognosen des jeweiligen Analysten für alle von ihm bewerteten Aktien. In diesem Fall würde der Bias dem Analysten innewohnen, indem er durchweg zu optimistisch oder zu pessimistisch ist. Zum anderen kann der Einfluss der Prognosen anderer Analysten, die dieselben Aktien bewerten, als Erklärung dienen.Dann wären die Ver- zerrungen ein Ergebnis des gegenseitigen Lernens. Auf Basis ihrer Untersuchungen und Überlegungen prä- sentieren die Autoren eine einfache Möglichkeit, um aus klassischen, verzerrten Konsensprognosen weitgehend rea- listische Einschätzungen zu machen. Dazu sind die in der Vergangenheit am stärksten nach oben verzerrten, also die optimistischsten Analysten, zu entfernen, bevor der Konsens für eine bestimmte Aktie erstellt wird. Wertvolle Informationen Im Anschluss an ihre Hauptuntersuchung stellen die For- scher zwei weitere relevante Ergebnisse vor. Zum einen un- terscheiden sie die Renditeziele der Analysten in mutige Vor- hersagen sowie Herdenprognosen. Die Klassifikation erfolgt anhand dessen, wie ein Kursziel in Relation zum Konsens der anderen Analysten verändert wird. Revidiert ein Analyst seine vorherige Prognose in Richtung des aktuellen Konsen- ses, handelt es sich um eine Herdenprognose. Schwimmt er gegen den Strom und verändert sein Kursziel vom Konsens weg, ist es eine mutige Prognose. Für Herding-Prognosen können die Forscher keine signifikante Vorhersagekraft für künftige Renditen feststellen. Entsprechend ergibt sich die Prognosekraft der relativen Analysteneinschätzungen aus den mutigen Prognosen. Diese beinhalten mit höherer Wahrscheinlichkeit auch Informationen, die noch nicht oder nicht vollständig in den Kursen eingepreist sind. Außerdem unterscheiden die Forscher zwischen einem Umfeld mit geringem und hohem Informationsgehalt. Die- se Kategorien machen sie anhand der Analystenabdeckung fest. Wie zu vermuten, kommen sie zu dem Ergebnis, dass die relative Prognosequalität für Aktien mit geringem Cove- rage tendenziell höher ist. Das ist plausibel. Denn in einem ausgedünnten Umfeld müssen sich Analysten stärker auf ihre eigenen Informationen verlassen, statt von anderen zu lernen. Dieses Lernen ist negativ einzuschätzen, denn es dürfte eher demHerdenverhalten zuträglich sein. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die in Analystenein- schätzungen enthaltenen Informationen durchaus relevant sind und einen Mehrwert bieten. Spannend wäre es nun, die relative Analyse auf internationale Märkte auszudehnen. Interessenkonflikte Obwohl diese neue Studie ein besseres Licht auf die Quali- tät der Einschätzungen von Sell-Side-Analysten wirft und sie insgesamt günstiger beurteilt, bleiben einige Kritikpunkte aus früheren Untersuchungen zu berücksichtigen. So zum Beispiel, dass Analysten neben ihrem Ziel, gutes Research zu produzieren, weiteren Anreizen und Interessenkonflikten unterliegen, die ihre Objektivität einschränken können. Dazu zählen vor allem die Motive, Kommissionen zu gene- rieren oder Geschäft im Investmentbanking an Land zu zie- hen. Das könnte durchaus einen Einfluss darauf haben, wel- che Aktien analysiert werden und mit welchem Ergebnis – auf absoluter wie auf relativer Ebene. DR. MARKO GRÄNITZ Analysten vor Anomalien Kumulative Renditen verschiedener Long-Short-Portfolios Die Grafik zeigt die kumulativen Renditen von Long-Short-Portfolios auf Basis gleich gewichteter Top/Flop-Quintile. Die erstgenannten im Paper untersuchten Ansätze liefern dabei die höchsten Renditen. Zum Vergleich sind ähnlich konstruierte bekannte Anomalieportfolios auf Basis der Daten von Ken French dargestellt. Gewichtet man nach Marktkapitalisierung, sind die absoluten Renditen sowie der Vorsprung der im Paper untersuchten Strategien deutlich geringer. Kosten wurden nicht einbezogen. Quelle: Farago, A. / Hjalmarsson, E. / Zeng, M. (2023), Analysts Are Good at Ranking Stocks, S. 33 2000 2005 2010 2015 2020 0 % 200 % 400 % 600 % 800 % 1.000 % 1.200 % Momentum Konsens der Kurszielrendite-Rangfolge jedes Analysten Size Konsens von um Prognosemittel jedes Analysten bereinigten Ratings Profitability Value Investment Rendite in Prozent 166 N o . 1/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Analysten FOTO: © UNIVERSITÄT GÖTEBORG (2) » Die implizite Rangfolge der Ratings ist aber sehr aufschlussreich für künftige Renditen. « Adam Farago, Associate Professor, Universität Göteborg » Analysten sind keine Makro- Experten, die Trends am Markt richtig antizipieren können. « Ming Zeng, Assistant Professor, Universität Göteborg

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