Institutional Money, Ausgabe 1 | 2024

Prozent (Januar 2005 bis September 2008) beziehungsweise 2,22 Prozent (Januar 2009 bis September 2012) erzielt (siehe Grafik „Theoretische Renditen“). Der größte Teil der Überren- dite stammte erwartungsgemäß von der Short-Seite. Für die extremsten zwei Prozent der Daten wurden imMittel sogar 2,62 Prozent (erster Zeitraum) und 3,58 Prozent (zweiter Zeitraum) erzielt. Die Strategie ist allerdings reine Theorie. Schließlich können Aktien mit hohen Failures to Delivery gerade nicht ohne Weiteres geliehen werden. Werden stattdessen Daten zu gedeckten Short-Positionen betrachtet, lagen die Renditen im ersten Zeitraummit 0,86 Prozent deutlich tiefer. Im zweiten Zeitraum fehlte dagegen die statistische Signifikanz. Besser waren auch hier die ex- tremsten zwei Prozent. Diese waren mit durchschnittlichen Monatsrenditen von 1,8 beziehungsweise 1,32 Prozent zwar statistisch signifikant, aber dennoch deutlich schlechter als bei den Failures to Delivery. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass in den gescheiterten Auslieferungen zusätzliche Infor- mationen stecken. Entscheidend ist dabei auch, dass sich die erzielten Renditen anschließend nicht umkehren. Insgesamt deutet das darauf hin, dass Shortseller tatsächlich Informa- tionen zu potenziellen Überbewertungen einpreisen, die sich in Failures to Delivery widerspiegeln. Ähnlich wie bei der Untersuchung zum Zusammenhang mit den Fundamentaldaten sind die Ergebnisse auch hier schwächer, wenn Aktien mit hohen Leihkosten herausge- rechnet werden.Der Großteil des zusätzlichen Informations- gehalts von Failures to Delivery ist also auf schwer zu leihen- de Aktien zurückzuführen. Um diese zu identifizieren, braucht es zwar proprietäre Daten, während Informationen zu den gescheiterten Auslieferungen öffentlich zugänglich sind.Doch der Studie zufolge steigt der Anteil schwer zu lei- hender Aktien über die Dezile der Fail-to-Deliver-Verteilung monoton an (siehe Grafik „Hard to Borrow“). Das bedeutet, dass man diese als Proxy verwenden kann, um schwer zu leihende Aktien auszumachen. Auch der US-Analyst Lionel Smoler-Schatz (Verdad Capi- tal) weist in einem Beitrag darauf hin, dass schwer zu leihen- de Aktien in den USA in der Regel negative Renditen über einen 3-, 6- und 12-Monats-Zeithorizont aufweisen („Costly Shorts“; siehe Grafik „Fokus auf das extremste Dezil“ ) . In Japan und Europa scheint das aber nicht der Fall zu sein. Dem- nach performen Hard-to-Borrow-Aktien dort nicht systema- tisch schlechter. Außerdem schreibt er, dass sich die Leih- gebühren bei einzelnen Unternehmen im Lauf der Zeit erheblich ändern können. Zum Beispiel hatte GameStop im Januar 2019 eine durchschnittliche Leihgebühr von einem Prozent. Im Januar 2021, zu Beginn des Short Squeeze, stieg sie auf etwa 34 Prozent. Seiner Einschätzung nach gilt es als Signal für bevorstehende Negativrenditen, wenn große, zu- vor liquide Aktien plötzlich nur schwer zu leihen sind. Doch dafür gibt es dann ein offensichtliches Problem: Per Definition sind sie eben „hard to borrow“, sodass man nicht ohne Weiteres davon profitieren kann. Trotzdem können die Daten der schwer zu leihenden Aktien pragmatisch genutzt werden, indem sie zumindest von Long-Positionen in ande- ren Strategien ausgeschlossen werden. Schlussfolgerungen Überraschend an der rückblickenden Analyse ist, dass im untersuchten Zeitraum nach der Finanzkrise scheinbar ein höherer Informationsgehalt in den ungedeckten Leerver- käufen gegeben war als zuvor. Umgekehrt war es bei den gedeckten Leerverkäufen. Hier nahmen die Renditen der dafür berechneten Strategie ab.Wenn es also um potenziell nicht in den Kursen eingepreiste Informationen geht, was für Praktiker relevant ist, sollten speziell die Failure-to-De- livery-Daten betrachtet werden. Der Studie zufolge sind die- se kursrelevanter als bislang angenommen. Das lässt vermu- ten, dass die regulatorischen Beschränkungen die Preisfin- dung wahrscheinlich verlangsamt haben. Ein hohes Niveau an Failures to Delivery weist demnach darauf hin, dass Shortseller nicht in der Lage sind, genügend Aktien zu lei- hen, um ihre Informationen vollständig in den Kurs einzu- preisen. Es ist also nicht wie einst vermutet so, dass die Kurse der jeweiligen Aktien durch ein zeitweise höheres Aktienange- bot künstlich ins Rutschen gebracht werden. Eine solche Manipulation wäre schließlich nur für wenige Tage möglich, bis die Zwangseindeckung erfolgt. Doch die Studie zeigt anhaltende Renditeeffekte über Monate. Tatsächlich lässt sich anhand von Failure-to-Delivery-Daten herausfinden, wann die Arbitrage durch Leerverkäufer bei einer Aktie potenziell eingeschränkt ist. Dadurch können noch nicht eingepreiste negative Informationen angezeigt werden. Das bestätigt die wichtige Rolle, die Shortseller zur effizienteren Preisbildung und höheren Liquidität an den Märkten spie- len. Genau das behauptet die eingangs erwähnte Theorie schon lange. DR. MARKO GRÄNITZ Fokus auf das extremste Dezil Mittlere 3-Monats-Renditen nach Leihkosten-Dezilen Diese Grafik von Verdad Advisers zeigt, dass die Renditen im Dezil mit den höchsten Leihkosten klar negativ sind. Die Auswertung basiert auf Daten von IHS Markit zu US-Aktien, die wöchentliche Leihkosten über ein breites Spektrum von rund 15.000 Aktien im Zeitraum von 2019 bis 2023 enthalten. Quelle: Smoler-Schatz, L. (2024), Verdad Advisers -3 % -2 % -1 % 0 % 1 % 2 % 3 % 4 % 5 % 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 Durchschnittliche 3-Monats-Rendite Leihkosten-Dezile 148 N o . 1/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Ungedeckte Leerverkäufe Der Großteil des zusätzlichen Informa- tionsgehalts ist auf schwer zu leihende Aktien zurückzuführen.

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