Institutional Money, Ausgabe 1 | 2024

E igentlich sollten Akteure, die Short-Positionen einge- hen, einen Beitrag zur Markteffizienz leisten. Denn der Theorie nach suchen sie gezielt nach überbewer- teten Aktien, bei denen sich mit erhöhter Wahrscheinlichkeit ein Gewinn erzielen lässt, indemman sie leer verkauft.Dazu werden die betreffenden Aktien von Gesellschaften, die gro- ße Bestände haben, geliehen und anschließend am Markt verkauft. Indikationen für die Verfügbarkeit zur Leihe sind die Höhe des institutionellen Besitzes der jeweiligen Aktie sowie die Höhe ihrer Leihgebühren.Durch den Verkauf der Aktien fließen die negativen Einschätzungen zur fundamen- talen Situation des jeweiligen Unternehmens in die Kurse ein,was die Preisfindung verbessert. Liegt der Shortseller rich- tig, fallen die Kurse im Idealfall deutlich, sodass die Position durch einen günstigeren Rückkauf mit Gewinn geschlossen und das Leihgeschäft beendet werden kann. Ein Rückkauf erfolgt aber auch, wenn der Verleiher die Aktien zurückfor- dert und keine alternative Leihe möglich ist. Regelmäßige Problemfälle Neben dem reibungslosen Standardprozedere gibt es aber auch problematische Fälle. Diese treten in der Praxis häufi- ger auf, als man erwarten würde. Phil Mackintosh, Chief Economist bei NASDAQ, hat sich dazu die SEC-Daten aus den Jahren 2020 und 2023 angeschaut und sie ausgewertet. Die Analyse zeigt, dass es täglich im Durchschnitt bei rund 40 Prozent (2020) beziehungsweise rund 25 Prozent (2023) aller US-Ticker gescheiterte Auslieferungen (Failures to De- livery) gab. Davon spricht man, wenn bei der Abwicklung etwas schiefgeht (siehe Grafik „Verteilung der gescheiterten Aus- lieferungen“), wodurch sich der Prozess verzögert. In der Regel ist das Settlement zwei Tage nach dem eigentlichen Trade (T+2). Grundsätzlich sind Verkäufer und Käufer ver- pflichtet, die jeweiligen Aktien beziehungsweise den entspre- chenden Geldbetrag bis zu diesem Erfüllungstag zu liefern. Um die reibungslose Abwicklung zu gewährleisten,müssen Shortseller laut Vorschrift die Aktien vor dem Verkauf zur Leihe ausfindig machen beziehungsweise lokalisieren. Trotzdem kommt es immer wieder zu Verzögerungen. Eine Erklärung sind technische Probleme beimClearinghaus. Brisanter ist es dagegen, wenn Shortseller die geliehenen Aktien nicht rechtzeitig liefern. Dann haben sie etwas ver- kauft, das sie gar nicht besitzen. In diesem Fall hätte der Käu- fer also bis auf weiteres Phantomaktien im Bestand. Daraus resultiert die Sorge, dass kurzfristig mehr Aktien verkauft werden könnten, als am Markt überhaupt existieren. Das erhöhte Angebot würde die Kurse zugunsten der Shortseller Manche Aktien werden von Shortsellern häufiger nicht rechtzeitig zum Settlement ausgeliefert. Bei diesen Failures to Delivery bestehen einer Studie zufolge erhöhte Chancen, dass einige negative Informationen erst noch eingepreist werden. Liefer schwierigkeiten Verteilung der gescheiterten Auslieferungen Failures to Delivery sind in den USA an der Tagesordnung. Daten der SEC aus den Jahren 2020 beziehungsweise 2023 zeigen, dass täglich im Durchschnitt bei rund 40 Prozent (2020) beziehungsweise rund 25 Prozent (2023) aller US- Ticker gescheiterte Auslieferungen auftreten. Diese betreffen vor allem kleine Transaktionen und Ticker mit hohem Short Interest. Insgesamt machen Failures to Delivery aber weniger als 0,01 Prozent der Marktkapitalisierung aus. Quelle: Mackintosh, P. (2021), Nasdaq Economic Research 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % 25 % 30 % 35 % 40 % Anteil aller US-Ticker Exchange Traded Products Micro-Cap-Quartil Small-Cap-Quartil Middle-Cap-Quartil Large-Cap-Quartil 144 N o . 1/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Ungedeckte Leerverkäufe FOTO: © 2019 LIBBY GREENE | NASDAQ, INC. » An einem typischen Tag machen Trades mit weniger als 10.000 Aktien 96 Prozent der Fails aus. « Phil Mackintosh, Chief Economist, Nasdaq

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