Institutional Money, Ausgabe 1 | 2024

der anderen Seite Arbeitsmarkt sowie Konsum untersuchen. Interessanterweise gibt es keinen statistischen Zusammen- hang zwischen Sentiment und Kapital, sehr wohl aber zwi- schen Arbeit und Sentiment, wie sich an den entsprechen- den Daten ablesen lässt (siehe Tabelle „Prognosekraft bei unter- geordneten Makro-Variablen aus dem Bereich ‚Arbeit‘“) . Im Be- reich „Beschäftigung“sieht man demnach, dass die nationale wirtschaftliche Stimmung signifikant das Beschäftigungs- wachstum vorhersagt. Eine Veränderung von einer Standardabweichung in der Stimmung führt zu einer Steigerung des Beschäftigungs- wachstums um 0,15 bis 0,16 Prozent im nächsten Quartal. Dieser Effekt bleibt auch nach Kontrolle des vergangenen Beschäftigungswachstums und der Zinsstrukturkurve beste- hen. Die Messung des Segments „Konsum“ liefert ähnliche Ergebnisse. „Obwohl der Gesamtgrad der Vorhersagbarkeit für diese Zeitreihen nicht so groß ist wie für das Gesamt-BIP, sind ihre relativen Beiträge klar“, meint Co-Autor Sharma. Zukunftsmusik Die Studie ist insgesamt von Interesse, weil sie ein weiteres Anwendungsgebiet von Künstlicher Intelligenz zeigt, sie hin- terlässt aber in ihrer gegenwärtigen Anwendung einen kurz- fristig schalen Beigeschmack, als keine wirklich relevanten Vergleiche zur Validität gezogen werden – ja, das Modell wird mit anderen KI-Programmen wie ChatGPT verglichen, und das von den Forschern verwendete KI-Modell schlägt ChatGPT, da Letzteres laut den Autoren nicht gut mit den massiven Datenmengen umgeht. Interessanter wäre aber ein Vergleich mit bestehenden Sentiment-Umfrageindizes wie dem erwähnten Michigan Index. Hier weisen die Autoren zwar auf eine hohe Korrelation zwischen den beiden Stimmungsbarometern hin, präsen- tieren aber keine Vergleichszahlen, welches nun in puncto BIP eine stärkere Prognosekraft besitzt. Argumentiert wird mit einer – im vorliegenden Artikel nicht näher besproche- nen – höheren regionalen Granularität, da sich über die mediale Sentimentanalyse regionale Befindlichkeiten erfas- sen ließen. Das passiert beim Michigan-Konsumentenver- trauensindex beispielsweise nicht. Tatsächlich dürfte die Arbeit aber insgesamt den Weg in leichter zugängliche Verbrauchervertrauensanalysen weisen. Anstatt umständlicher Umfragen, die nach zwei Wochen auch noch revidiert werden müssen, werden in Zukunft Sentiment-Analysen wahrscheinlich auf Knopfdruck ausge- spuckt. Dann spielt die hohe Korrelation zwischen KI-Sen- timent und Umfrage-Sentiment in puncto Vertrauenswür- digkeit tatsächlich eine wichtige Rolle. Bei der Erstellung von Stimmungsindizes ist in Zukunft also eine höhere Zeitnähe zu erwarten. Ob es sich auch um eine qualitative Verbesserung handelt, bleibt zum gegenwär- tigen Zeitpunkt jedoch dahingestellt. HANS WEITMAYR Prognosekraft bei untergeordneten Makro-Variablen aus dem Bereich „Arbeit“ Der Sentiment-Index zeigt starke Korrelationen zu Beschäftigung und Konsum. Δ ln(Beschäftigung t ) Δ ln(Konsum t ) I II III IV V VI VII VIII IX X Δ ln(Beschäftigung t-1 ) 0,757*** 0,748*** 0,748*** (14,73) (14,65) (16,61) Term Spread t-1 0,042** 0,036* 0,036* 0,068 0,064 0,059 (2,29) (1,94) (1,85) (1,50) (1,40) (1,27) Δ Sent t-1 0,249*** 0,339*** 0,154*** 0,159*** 0,135** 0,202** 0,106 0,173* (3,11) (3,67) (3,06) (2,92) (2,04) (2,55) (1,34) (1,74) Δ Sent t-2 0,315*** 0,005 0,185** 0,164* (2,71) (0,06) (2,13) (1,76) Δ Sent t-3 0,258* -0,014 0,234** 0,216* (1,79) (-0,16) (2,21) (1,75) Δ Sent t-4 0,241* 0,049 0,126 0,115 (1,76) (0,70) (1,11) (1,18) Δ Sent t-5 0,107 -0,029 0,097 0,100 (0,97) (-0,52) (1,19) (1,14) Δ ln(Consumption t-1 ) 0,083 0,071 0,039 (0,52) (0,44) (0,25) F-Statistik ( Δ Sent (t-2 bis t-n)) 2,234 0,736 1,581 1,075 P-Wert ( Δ Sent (t-2 bis t-n)) 0,065 0,568 0,179 0,369 Beobachtungen 322 322 322 322 322 290 290 290 290 290 Adjustiertes R 2 0,56 0,02 0,06 0,57 0,57 0,01 0,01 0,02 0,02 0,02 Die Autoren vergleichen den Einfluss verschiedener makroökonomischer Größen auf die ökonomische Stimmungslage und untersuchen die Faktoren „Kapital“ und „Arbeit“. An „Kapital“ nähern sie sich über die Messung der Industrieproduktion sowie der Investitionstätigkeit an. Keine dieser Variablen weist statistische Relevanz auf. Anders sieht es bei den hier abgebildeten Faktoren „Beschäftigung“ und „Konsum“ als Näherungsvariablen für „Arbeit“ aus. Quelle: Studie Binsbergen et al. 122 N o . 1/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Economic Sentiment

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