Institutional Money, Ausgabe 1 | 2024
Erkenntnisse Basierend auf diesen sauberen Daten und der robusten Fak- torkonstruktionsmethode replizieren die Autoren alle Fak- toren aus der wissenschaftlichen Literatur und berechnen deren Alpha unter Berücksichtigung der Gesamtrendite des Kreditmarktes und der Gesamtrendite der Staatsanleihen. Dabei stellen Dick-Nielsen, Feldhütter, Heje Pedersen und Stolborg fest, dass nur 23 Prozent der in der Kapitalmarkt- literatur als signifikant angesehenen Faktoren mithilfe ihres Regelwerks signifikante Alphas aufweisen,wie im ersten Bal- ken der Grafik „Niedrige Replikationsraten“ zu erkennen ist. Dieses Ergebnis zeigt eine überraschend niedrige wissen- schaftliche Replikationsrate, die den Wissenschaftlern am Kapitalmarkt kein gutes Zeugnis ausstellt. Während sich die Literatur auf die Faktorperformance ab 2002 konzentriert, wo schon TRACE-Daten verfügbar sind, gehen die Autoren die Extrameile und konstruieren auch Faktorrenditen ab 1985 unter Verwendung alternativer Datenquellen auf der Grundlage von Geld-Brief-Quotierun- gen. ImZeitraum vor 2002, also quasi Pre-TRACE, stellen sie auch eine niedrige Replikationsrate von 27 Prozent fest, wie in der Abbildung unten dargestellt. Werden die aktuellen und alten Daten zusammengeführt, um so viele Informatio- nen wie möglich über Faktorrenditen zu erhalten, finden sie auch eine Replikationsrate, die hier bei 27 Prozent liegt. Legt man nun die beiden Zeiträume zusammen, um das Maxi- mum an Information über diese Faktorrenditen zu extrahie- ren, so erhält man eine Replikationsrate von ebenfalls 27 Prozent. Beides ist ebenfalls der Grafik „Niedrige Replikations- raten“ zu entnehmen. Renditen auf Emittentenebene Als weitere Innovation ihres Rahmenwerks kreieren die Autoren repräsentative Anleihenrenditen auf Unterneh- mensebene, indem sie alle ausstehenden Anleihen für jeden Emittenten wertgewichten. Diese Anleihenrenditen auf Un- ternehmensebene weisen mehrere potenzielle Anwendungs- möglichkeiten auf. Erstens erleichtert die Verfügbarkeit einer einzigen Zeitreihe repräsentativer Anleihenrenditen für jedes Unternehmen die Arbeit mit Anleihendaten für andere Kapitalmarktforscher erheblich und schafft einen allgemein anwendbaren Datensatz, der mit dem für Aktien vergleich- bar ist. Zweitens bedeutet die Fokussierung auf einzelne Emissionen in der Literatur, dass Unternehmen mit vielen begebenen Anleihen in der Faktorkonstruktion möglicher- weise überrepräsentiert sind, einschließlich der Festlegung von Schwellenwerten für die Terzilportfolios. Drittens sind Renditen sowohl auf Anleihen- als auch auf Unternehmens- ebene hilfreich, um zu erkennen, ob Faktoren durch Charak- teristika auf Unternehmens- oder Anleihenebene bestimmt werden. Diese Faktoren auf Unternehmensebene implizie- ren etwas niedrigere Replikationsraten in den TRACE- und zusammengeführten Stichproben, aber die gleiche Replika- tionsrate in der frühen Pre-TRACE-Stichprobe. Auch das ist in der Grafik „Niedrige Replikationsraten“ illustriert. Gleiche Faktoren für alle? Eine alte Frage der Finanzmarktforschung lautet: Werden Aktien- und Unternehmensanleihenrenditen von denselben Faktoren bestimmt? Schon Eugene F. Fama und Kenneth R. French hatten sich 1993 in „Common Risk Factors in the Returns on Stocks and Bonds“ mit dieser Fragestellung beschäftigt. In diesem Sinne haben dann Tarun Chordia, Amit Goyal, Yoshio Nozawa, Avanidhar Subrahmanyam und Qing Tong 2017 in „Are Capital Market Anomalies Common to Equity and Corporate Bond Markets? An Em- pirical Investigation“, publiziert in „The Journal of Financial and Quantitative Analysis“, geprüft, ob zehn Charakteristika aus der Literatur zu Aktienfaktoren auch für Unternehmens- anleihen funktionieren.Dick-Nielsen, Feldhütter,Heje Peder- sen und Stolborg replizieren und erweitern diese Analyse und berücksichtigen dabei 153 Signale von Theis Ingerslev Jensen, Bryan T. Kelly und Lasse Heje Pedersen in ihrem Paper aus 2022 mit dem Titel „Is there a Replication Crisis in Finance?“.Da sie über ein Aktiensignal pro Unternehmen verfügen, ist das Testen der Prognosekraft einzelner Faktoren für Unternehmensanleihen mithilfe der Unternehmensan- leihenrenditen auf Emittentenebene für das Autorenquartett ganz einfach. Niedrige Replikationsraten mit cleanen Daten Das Nachvollziehen der Faktorrenditen aus Studien gelingt nur relativ selten. Darstellung des Anteils der Faktoren aus der Literatur, die mit signifikanten Alphas repliziert werden können und das gleiche Vorzeichen wie jene im Originalpapier auf- weisen, einmal auf Einzelanleihenniveau, das andere Mal auf Ebene der Emittenten. Alpha ist der y-Achsen-Abschnitt in der Regression der Überschussrendite des Faktors auf die Rendite des gesamten Kreditmarktes und des gesamten Treasury-Marktes. Quelle: Studie 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % 25 % Kombinierte Stichprobe mit Multiple-Testing Kombinierte Stichprobe Stichprobe alte Daten TRACE- Daten Anleihenebene Unternehmensebene Replikationsrate 23 % 15 % 27 % 27 % 27 % 18 % 18 % 18 % 106 N o . 1/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Unternehmensanleihen-Faktoren FOTO: © COPENHAGEN BUSINESS SCHOOL » Wir stellen eine konsistente, robuste Methode zur Faktorkonstruktion unter Verwendung von Terzilportfolios auf. « Lasse Heje Pedersen, Professor am Dept. of Finance / Director des Center for Big Data in Finance an der Copenhagen Business School
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