Institutional Money, Ausgabe 1 | 2024

Greifbare Gewinne Sowohl theoretisch als auch empirisch wird eine neue Quel- le für Währungsrisikoprämien präsentiert, die die Autoren als kreditimplizierte Risikoprämie bezeichnen. Diese Risiko- prämienkomponente spiegelt die risikoneutralen Erwartun- gen der Investoren hinsichtlich der Währungsentwicklung bei Vorliegen eines Staatsbankrotts wider, der ein schwerwie- gendes, aber seltenes Ereignis darstellt. Credit Default Swaps ein- und desselben staatlichen Schuldners auf zwei verschie- dene Währungen sind die Grundlage, von der ein Maß für die erwartete Währungsabwertung bei Ausfall eines staat- lichen Schuldners abgeleitet wird. Verblüffend ist, dass eine aggregierte Kenngröße, die kreditimplizierte Risikoprämie, geeignet ist, für die Eurozone künftige US-Dollar-Euro- Wechselkursrenditen über verschiedene Zeithorizonte vor- hersagen zu können. Sie zeigt sich zudem nach Einführung verschiedener Kontrollvariablen robust. Die Prognostizier- barkeit deutet darauf hin, dass Investoren doch für das Risi- ko einer Währungsabwertung im Fall eines Staatsausfalls entschädigt werden. Darüber hinaus generiert der Prädiktor greifbare wirtschaftliche Gewinne für einen Investor, der dynamische Prognosen im aktiven Portfoliomanagement nutzt. Die Ergebnisse sind robust gegenüber relativ hohen Transaktionskosten. Damit liefern die Autoren den Beweis, dass Investoren von dieser neuen Informationsquelle auch in der Praxis profitieren können. Man darf gespannt sein, wann diese theoretischen Erkenntnisse in Overlay- und Währungsstrategien Eingang finden werden. DR. KURT BECKER Einordnung D ie Studie reiht sich ein in die wachsende Literatur über die Währungsdenomination von CDS auf Staatsanleihen. Rui Mano vom IMF war 2013 der Erste, der den Unterschied zwi- schen in US-Dollar und in Landeswährung deno- minierten Staats-CDS untersucht hat. Er kommt zu dem Schluss, dass ein Modell mit segmentier- ten Märkten Prognosen generieren kann, die mit den empirischen Belegen für die Währungs- abwertung bei Staatspleiten übereinstimmen. Wenxin Du und Jesse Schreger quantifizieren in „Local Currency Sovereign Risk“ die erwartete Währungsabwertung in Schwellenländern an- hand der Credit-Spread-Differenz zwischen Staatsanleihen, die in US-Dollar und der jewei- ligen Landeswährung denominiert sind. Dabei berechnen sie die Kreditrisikokomponenten der Staatsrenditen in lokalen und ausländischen Währungen, indem sie einen künstlichen lokalen risikofreien Zinssatz erstellen, der auf US-Staats- anleihen, US-LIBOR-Sätzen, lokalen LIBOR-Sätzen und Währungs-Swaps basiert. Stefano Corradin von der EZB und Maria Ro- driguez-Moreno von Banco de España nutzen 2014 in „Limits to Arbitrage: Empirical Evidence from Euro Area Sovereign Bond Markets“ genau- so wie Andrea Buraschi, Murat Menguturk und Emrah Sener 2015 in „The Geography of Funding Markets and Limits to Arbitrage“ Quanto-Spreads, um Preisanomalien zwischen Anleihenrenditen in verschiedenen Währungen zu erklären, wäh- rend Roberto A. De Santis in „Redenomination Risk“ 2019 den Quanto-Spread verwendet, um das Risiko einer Währungs-Redenominierung in der Eurozone zu analysieren. Das vorliegende Paper um Pasquale Della Cor- te ergänzt auch zwei neuere Studien: David Lan- do und Andreas Bang Nielsen zeigten 2018 in „Quanto CDS Spreads“, dass Quanto- Spreads das Risiko widerspie- geln, dass eine Währung nicht nur zum Zeitpunkt des Zah- lungsausfalls, sondern schon mit zunehmendem Ausfall- risiko abwertet. Ihr Beitrag besteht darin, diese beiden Effekte theoretisch und empi- risch zu zerlegen. Patrick Augustin wiederum verwendete 2020 in „The Term Structure of CDS Spreads and Sovereign Credit Risk“ die Laufzeit- struktur von Quanto-Spreads, um eine Asset-Pri- cing-Perspektive aus der Beziehung zwischen Staatsbankrotten und Währungsabwertung in der Eurozone und aus der Möglichkeit einer An- steckungsgefahr bei staatlichen Kreditrisiken anzubieten. Diese beiden letztgenannten Arbei- ten befassen sich mit der Debatte darüber, ob sich ein Zahlungsausfall unmittelbar oder gra- duell auf den Wechselkurs auswirkt, und tragen so zu einem besseren Verständnis der „Zwil- lings-Ds“ (Depreciation und Default) bei. Ihre Ergebnisse sprechen eindeutig für die erstge- nannte Veränderung. Sie zeigen, dass die Wäh- rungsrisikoprämie, die mit einer Abwertung bei Zahlungsausfall verbunden ist, eine aufwärts gerichtete Terminstruktur aufweist, das heißt mit dem Zeithorizont zunimmt, während Pasqua- le Della Corte und seine Mitstreiter sich auf die bedingten Eigenschaften der Währungsrisiko- prämie über einen bestimmten Zeithorizont konzentrieren, um die Prognostizierbarkeit des Wechselkurses zu untersuchen. Zusammenge- nommen bieten diese Arbeiten einen umfassen- den Überblick über die Aus- wirkungen der Wechselwir- kung zwischen Währungsab- wertung und Zahlungsausfall auf das Asset Pricing an den Märkten für Kreditderivate und Währungen. Pasquale Della Corte und seine Kolle- gen Alexandre Jeanneret so- wie Ella D. S. Patelli identifi- zieren eine kreditimplizierte Währungsrisikoprämie, die starke Auswirkungen auf die Prognostizierbarkeit von Wechselkursen hat. Seit dem bahnbrechenden Beitrag von Ri- chard Meese und Kenneth Rogoff von 1983 in „Empirical Exchange Rate Models of the Seven- ties: Do They Fit out of Sample?“ wurde in einer Vielzahl empirischer Studien festgestellt, dass wirtschaftlich bedeutsame Variablen die Wech- selkursrenditen empirisch nicht vorhersagen können. Zwar gibt es einige Belege dafür, dass sich Wechselkurse und wirtschaftliche Funda- mentaldaten über lange Zeiträume gemeinsam bewegen, doch herrscht allgemein die Ansicht vor, dass Wechselkurse nicht prognostizierbar sind, insbesondere nicht über kurze Zeiträume. Der Beitrag von Della Corte, Jeanneret und Pa- telli besteht darin, robuste empirische Beweise dafür zu liefern, dass der US-Dollar-Euro- Wechselkurs auf kurze Sicht prognostizierbar ist, indem man ein neuartiges Risikoprämienmaß verwendet. Diese neuen Ergebnisse bestätigen die Ansicht, dass eine Risikoprämie, die die Er- wartungen der Investoren hinsichtlich einer Währungsabwertung bei Zahlungsausfall erfasst, einen Informationsgehalt betreffend die Ent- wicklung des Wechselkurses hat. Rui Mano, Deputy Division Chief beim International Monetary Fund 100 N o . 1/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Wechselkursprognosen FOTO: © TOM BRENNER | INTERNATIONAL MONETARY FUND

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