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Carmen Reinhart: Kontrovers, schillernd - und vor allem "different"

Ein ungewöhnlicher Lebensweg, ein kulturelles Spannungsfeld, intellektuelle Brillianz und ein durchaus nachweisbarer Hang dazu, Dinge beim Namen zu nennen, haben aus Carmen Reinhart eine der einflussreichsten Ökonominnen der Gegenwart gemacht – der Versuch einer biografischen Annäherung.

Manche Dinge ergeben sich aus dem Unterbewusstsein – eine Einsicht, die unter Umständen die sarkastische Titelwahl für das Werk erklärt, das Carmen Reinhart das Prädikat "Starökonomin" eintrug: "This Time is Different". Denn "different" ist auch Reinhart selbst. In vielerlei Hinsicht. Am oberflächlichsten und plattesten vielleicht hinsichtlich der Tatsache, dass sie es als weibliche Akademikerin geschafft hat, sich in einem von Männern dominierten Umfeld durchzusetzen. Das allerdings nicht als vielleicht belächelte „Quotenfrau“, sondern indem sie eine Karriereweg eingeschlagen hat, der ebenfalls als „different“ zu bezeichnen ist.

Ein eigenständiger Weg

Denn von Elfenbeintürmen hält Reinhart wenig bis gar nichts. Eher im Gegenteil. Ihr Werdegang hat sie in den 1980er-Jahren in die Position des Chief Economist und Vice President der Investmentbank Bear Stearns geführt. Mehrere Jahre war sie außerdem für den Internationalen Währungsfonds tätig. Heute ist die Ökonomin Mitglied des Congressional Budget Office Panel of Economic Advisers sowie des Economic Advisory Panels der Federal Reserve Bank of New Yorl und Minos A. Zombanakis Professor of the International Financial System an der Harvard Kennedy School. Das ist eine farbenfrohe Palette an Tätigkeiten, die vom Investmentbanking über Lobbyismus beziehungsweise Wirtschaftspolitik bis hin in die rein akademische Arbeit reicht.


Von der schillernden und mitunter kontrovers wahrgenommene Top-Ökonomin Carmen Reinhart wird im Rahmen des Vortrags "Der Staat, das hoch verschuldete Wesen" nichts anderes als eine Tour de force rund um das Thema Staatsschulden, Finanz-Sünden und Währungskriege zu erwarten sein. Will man sich in diesem Bereich auf dem letzten Stand der Diskussion befinden, darf man diese Veranstaltung auf dem 10. INSTITUTIONAL MONEY KONGRESS eher nicht versäumen ...


Ebenfalls aus der breiten Masse hervor hebt Reinhart ihr kultureller Hintergrund. 1955 in Kuba geboren, wanderte Reinhart elf Jahr später mit ihren Eltern in die Vereinigten Staaten aus. Wie viele andere Exil-Kubaner verschlug es sie nach Florida. Sie wuchs somit sowohl intellektuell wie auch kulturell in einem Spannungsfeld auf, das mit eine Erklärung für ihre kritischen Kapitalismus- und Finanztheorien darstellen könnte – und eine Sichtweise ist, die sich für Reinhart bezahlt machte.

Ernüchternde Analyse

Denn das bereits erwähte, im Jahr 2009 in Zusammenarbeit mit Kenneth Rogoff erschienene Werk, „This Time is Different: Eight Centuries of Financial Folly“, wurde in 20 Sprachen übersetzt und fand sich weltweit auf den Bestsellerlisten für Fachliteratur wieder. 2010 wurde es mit dem Paul A. Samuelson TIAA-CREF Institute Award ausgezeichnet. Acht Jahrhunderte Finanz- und vor allem Finanzkrisengeschichte werden in diesem Werk aufgearbeitet. Das geschah in Form einer Recherche, die eine bisher nicht gesehene Menge an Daten und Statistiken umfasste.

Das tendenziell ernüchternde Ergebnis: Finanzkrisen und Währungskrisen sind alles andere als ungewöhnliche Ereignisse. Letztlich tendieren sehr viele Regierungen und Staaten dazu, langfristig die Kontrolle über ihre Finanzen zu verlieren, was früher oder später in einem Staatsbankrott mit anschließender Währungsreform endet. Die „Washington Post“ meinte zu dem Buch: „Mit dem Forschungsaufwand, der für dieses Buch getrieben wurde, haben sich Reinhart und Rogoff bei Politikern, Akademikern und Journalisten als führende Autoritäten zum Thema Krisen etabliert.“

Gewürdigt wird Reinhart aber nicht nur in akademischen Kreisen und von relativ spezialisierten Finanzmedien wie der Post oder der Nachrichtenagentur Bloomberg, die die Ökonomin zu den "Top 100 Economic Thinkers" zählt, sondern auch von eher der Popkultur zuzurechnenden, höchst erfolgreichen Medien wie Business Insider, die Reinhart im Ranking über "13 Frauen, die die Welt der Ökonomie verändert haben" zur "vielleicht einflussreichsten lebenden weiblichen Makroökonomin" erklärt haben.

Schlagloch im Lebensweg

Ein derart glamouröser professioneller Lebensweg kann auch nicht ganz auf Schlaglöcher verzichten. Das 2010 – wieder gemeinsam mit Rogoff – publizierte Papier "Growth in a Time of Debt" gelangte zu dem Ergebnis, dass ab einer Staatsverschuldung von 60 Prozent des Bruttonationalprodukts das Wachstum einer Volkswirtschaft abnimmt und ab 90 Prozent nur mehr halb so hoch ausfällt. Wegen zum Teil fehlerhafter Berechnungen wurde diese Arbeit im Jahr 2013 heftig kritisiert – jüngere, fehlerfreie Berechnungen von Reinhart und Rogoff und dem IWF gelangten allerdings zu ähnlichen Ergebnissen.


Das wichtigste Branchenevent für institutionelle Investoren feiert Jubiläum: Am 21. und 22. Februar 2017 geht in Frankfurt der 10. INSTITUTIONAL MONEY KONGRESS über die Bühne! Um diesem Jubiläum auch den gebührenden Rahmen zu verleihen, erwartet die Kongressteilnehmer in diesem Jahr ein Programm, das wirklich keine Wünsche offen lassen sollte. Den Schwerpunkt bilden wie gewohnt über 80 Workshops mit herausragenden Fondsmanagern und die übergeordneten Vorträge internationaler Finanzexperten. Hören Sie den Präsidenten der EZB a.D., Jean-Claude Trichet, den Exekutivdirektor der Nobelstiftung, Lars Heikensten, die Makroökonomin Carmen Reinhart, den Pionier des Fundamental Indexing, Robert Arnott, und den britischen Topökonomen Lord Adair Turner.


Fokus Währungskrieg

Zuletzt hat sich Reinhart intensiv mit potenziellen Konflikten an der Währungsfront auseinandergesetzt. Auch hier agiert die Star-Ökonomin am Puls der Zeit und setzt sich unter anderem in einem Kommentar für Project Syndicate mit der Frage auseinander, ob und in wie weit das Spannungsverhältnis Trump-China zu einem Währungskrieg führen könnten.

Auf dem 10. Institutional Money Kongress tritt Carmen Reinhart als einer von fünf Starreferenten auf. Hinweise darauf, wieso die die Worte „dieses Mal ist alles anders“ gefährlicher sind als ein Raubüberfall und wieso am Ende nicht China sondern die USA als Währungsmanipulator da stehen könnten, dürfen erwartet werden. (hw)

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